Montag, 9. Januar 2012

Die Zeit im Garten (New Plymouth)

Abschiedsfoto bevors aus Hamilton hinaus ans trampen geht
Unser netter "Kirchenmann" hatte uns extra aus New Plymouth herausgefahren, da war es einfacher zu trampen. Wir sagten By-By und da standen wir also wieder an der Strasse, ganz auf uns alleine gestellt. Unsere Taschen waren wieder um etwas leichter geworden, denn jedes Mal beim Tasche packen schaue ich nun nach was ich in letzter Zeit  gar nicht gnutzt habe und lasse Klamotten, Batterien oder was auch immer zurueck... (Sabs und Anne werden jetzt lachen, weil sie meine beruehmte "Kramstasche" kennen. Eine Plastiktuete die im vorderen Teil meiner Tasche lebt und in der sich alle ueberlebenswichtigen Kleinigkeiten wie Naehzeug, Strick, Klebestreifen, Pflaster... befinden, einfach wuest durcheinandergeworfen. Einmal habe ich ein Schnaeppchen gemacht und seitdem trug ich ungefaehr 25 Batterien darin umher, plus das Geraet um zu messen ob die Batterien noch voll sind.... Ich mag Schnaeppchen eben ;) Naja, Jaak brachte mich schliesslich zu Verstand und es blieb nun zurueck, zusammen mit meinem australischen Handy was ich hier eh nicht nutzen konnte).
Ueberall Kuehe und Schafe in Neuseeland...

Wir hatten keinerlei Probleme eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Das erste Auto liessen wir ziehen, es wollte uns nicht weit genug. Wir fuhren ein ganzes Stueck mit einem Mitvierziger der ohne Unterbrehung rauchte und dessen Auto aussah als haette es schon laenger keine Saeuberung mehr gehabt. Erst als wir neben ihm sassen rochen wir den Alkohol. "Hatte ne lange Party letzte Nacht" erzaehlte er uns zufrieden. Naja, unsere Freude darueber hielt sich ja irgendwie in Grenzen, aber wir sassen ja schon im Auto und da ist es schwer abzuhauen. Wir fuhren bestimmt 2 Stunden mit ihm und nur Jaak fiel auf, dass er in eine ganz andere als die angegebene Richtung fuhr... Ohje, wollte der uns etwa entfuehren? Aber nach einer halben Stunde fiel es ihm auch selbst auf, er aergerte sich und entschuldigte sich fuers verfahren. Wir kamen unbeschadet an einer Kreuzung mitten in der Natur an, die Kuehe schauten zu wie wir aus dem Auto stiegen und schon nach ein paar Minuten bekamen wir wieder eine Mitfahrgelegenheit, die genau dorthin wollte, wo auch wir hin wollten. Es war ein netter junger Mann der uns mit nahm und der auf dem Weg zum Rugby war. Es war immer noch Hochsaison!

Der Eigentuemer der Farm holte uns mit seinem "Ute" ab, ein unglaublich altes, taffes Farmauto mit Ladeflaeche hinten, eines dieser Fahrzeuge die zwar nicht nobel aussehen, aber dafuer scheinbar nie kaputt gehen. Jaak verliebte sich sofort in das Auto und fing schon an zu traeumen wir koennten einen "Ute" kaufen und dann immer hinten auf der Ladeflaeche unterm Sternenhimmel schlafen... Naja, das war doch etwas weit hergeholt, zu wenig Platz. Unsere Taschen wurden auf die Ladeflaeche geworfen und ab gings zur Farm. Oh Mann, Farmarbeit und Farmleben, wie wird das wohl werden?

Oft fuhren wir so uebers Gelaende zur naechsten Arbeit.
Doch wie sich bald herausstellte, war diese Farm gar nicht richtig Farm. Es war eigentlich eher ein grosses, neumodisches Haus mit einem riesigen Blumengarten hintenan. "Magnolien" waren die Blumen auf die sich die Eigentuemer spezialisiert hatten und ich kann nicht zaehlen wie viele dieser Pflanzen wir in den naechsten Tagen pflanzen und umpflanzen wuerden. Immer wieder: Holzleiste anlegen, mit dem Spaten einen Streifen entlang ausheben, kleine Blume hinein, Erde auf die Wurzel. Vorher schnitten wir aber noch die Wurzeln kuerzer, wenn man die alle auf einer Laenge haelt ist der Planz- und Wachstumsprozess einfacher. Manchmal waren wir echt gestresst wenn wir die Wurzeln nicht kurz genug geschnitten hatten, dann bogen die sich immer in der Erde um und die Blume stand waagerecht anstatt senkrecht...



Ich erfuhr, dass man Pflanzen genmanipulieren kann indem man 2 verschiedene Arten nimmt, bei der Einen den oberen Teil abschneidet und bei der Anderen den Unteren. Dann steckt man die beiden Teile der verschiedenen Pflanzen zusammen und bindet eine Klebeband drumherum, nach einer Weile ist davon nichts mehr zu sehen. So wird also mit den Pflanzen experimentiert und es geht nur darum die schoensten Blumen zu zuechten. Der schoenste Stamm wird mit den schoensten Blueten zusammen gebracht und nur die Besten kommen bis in den Garten, der jedes Wochenende auch zur Ausstellung geoeffnet wird. Ich sah Pflanzen und das Pflanzengeschaeft nun aus einem ganz anderen Winkel, so wie ich noch nie darueber nachgedacht hatte. Es gibt Farmen die entstehen weil Menschen sich selbst ernaehren wollen, die sich Tiere halten und Kartoffeln pflanzen um Geld zu sparen, den ganzen Tag im Dreck arbeiten und Abends ins robuste Haus gehen. So wie es in Tasmanien gewesen war. Doch hier das war anders. Es ging nicht um Nutzen, sondern um Schoenheit. Es wurde experimentiert um nur das Beste vom Besten zu bekommen, Unmengen an Unkrautvernichter wurden gesprueht anstatt es heraus zu zupfen und ich kann nicht zaehlen wie viele Pflanzen wir eigenhaendig in den Muell warfen weil sie eben nicht "gut genug" waren. Jaak und ich dachten darueber nach ob die Pflanzen wohl Gefuehle oder Sinne haben, wenn ja wuerde es ihnen sicher nicht gefallen wie wir ihre Wurzeln der Erde entrissen und ihnen so das Leben nahmen. Nach vielem darueber nachdenken wurde mir klar, dass auch diese ganz andere Seite des "Farmlebens" nicht meinen Weltanschauungen entspricht, Dinge vernichten die nicht ganz perfekt sind. Das ist nichts fuer mich.



Ansonsten hatten wir allerdings eine echt gute Zeit dort und hielten es mindestens 2 Wochen aus. Jeden Tag sollten wir 3 Stunden arbeiten, aber um ein paar freie Tage zu ergattern, arbeiteten wir meist den ganzen Tag vor. Es war keine unmenschlich harte Arbeit, Unmengen an Wurzeln schneiden (alles muss ja einheitlich sein), Hunderte von Pflanzen in den Boden bringen, wovon nur 4 oder 5 ueberleben wuerden weil als gut genug eingestuft. Ausserdem schredderten wir grosse Aeste mit einem speziellen Holzschredderer und ich strich ein Holgestell weiss, in welchem spaeter die Pflanzen wachsen wurden.


Ich wurde zunehmend enttaeuscht und wuetender, denn so sehr ich mich auch anstrengte ein "Farmer" zu sein, ich habe nun einfach nicht die Erfahrung und das Wissen in welchem Maenner meist eh voraus sind und Farmer umso mehr. ( Jaak hat die Sommer in Estland immer auf der Familien-Farm zugebracht). So war Jaak derjenige dem die "Maennerarbeiten" uebertragen wurden und ich durfte pflanzen, Unkraut zupfen und Blumen giessen... Aber ich wollte doch auch Beton mit dem grossen Betonmischer mixen um zu wissen sie das alles geht!! Wenn man als Frau solche Dinge kann sieht das natuerlich gut aus und dann bekommt man auch die Gelegenheit solche Taetigkeiten auszuueben. Das Problem war aber, dass ich es eben noch NICHT kann, weil es mir ja nie gezeigt wurde. Mir wurde zunehmend bewusst wie sehr wir immer noch darauf eingestellt sind das es Frauen- und Maennerarbeiten gibt. Frauen sind doch immer noch diejenigen die meist das Haus putzen und kochen, waehrend Maenner die "Drecksarbeit" erledigen. Ich mag es allerdings nicht in der Kueche zu stehen und "Frauenarbeiten" zu verrichten und nach einer Weile schaffte ich es Jaak zu ueberzeugen, dass er mich alle Dinge auch versuchen laesst. Waehrend unser Hausherr Jaak all die Arbeiten zeigte, liess er mich sobald er um die Ecke war auch das Holz schreddern oder die "Graskanten" schneiden. Ja, so perfekt sah es hier aus, dass mit einem speziellen Stock mit Schneiderad unten die Graskante zum Betonboden hin geschnitten wurde. Und in ein paar Wochen wuerde diese ganz grosse Gartenaustellung sein wo Menschen von ueberall her kamen um sich Blumen anzuschauen. Hatte ich bisher gedacht Gaerten waeren ein Platz voller Dreck und Erde, war dieser hier wohl der ordentlichste und sauberste Garten den ich je gesehen hatte.

Graskanten schneiden

Wir verstanden uns gut mit unseren Hausherren. Sie waren um die 60, Beide vorher schon einmal verheiratet gewesen und nun hatten sie sich ueber eine Kontaktanzeige kennen gelernt und gemeinsam ihr Glueck gefunden. Sie hatten sich ihren Traum erfuellt einen grossen Blumengarten zu erschaffen, sie war Leiterin einer Grundschule und er arbeitete in einer Gaertnerei. Dazu kam noch "Jack" der Hund. Weil die englischsprachigen Menschen der Einfachheit halber auch Jaak "Jack" nennen, wurde das manchmal etwas verwirrend und ich wusste nicht mehr ob ich nun gerade meinen eigenen Freund oder den Hund rief ;)




Wir hatten Spaess mit den beiden Hausherren und tobten oft mit Jack umher. Regelmaessig wurde unsere Arbeit von den beliebten Tee- und Plaetzchenpausen unterbrochen und jeden Abend gab es ein wirklich unglaublich leckeres Essen. Es war nun wirklich viel los im Rugby und alle paar Abende sassen alle versammelt vor dem Fernseher und sahen sich die neuen Erfolge der "All Blacks" an, nicht ohne die beruehmten Kommentare der Audienz "Ohh, warum hast du den denn jetzt nicht rein gekriegt? Ja, guter Wurf! Och Mensch, du bist doch viel zu langsam!" bei denen ich mich als "Zuschauer" immer frage warum all diese Menschen denn nicht selbst spielen und es auf ihre Weise besser machen? Neuseeland wurde schliesslich Weltmeister und da war die Freude natuerlich gross.


Die spannenste Arbeit die wir taten war, als wir gegen Ende unserer Zeit einen Weg anlegten. Der Rasen an dieser Stelle war nicht mehr ganz so schoen gruen und am Leben wie sie ihn wollten und es gab ein bestimmtes Geraet, wie einen Rasenmaeher, der den Rasen "umgraebt" und man dann nur noch die Grasreste einsammeln muss. Danach wurde der Boden mit loser Erde aufgefuellt, immer wieder eben gemacht unendlich viele Schritte stampfend darueber gelaufen um ihn fest zu treten. Man kann nicht sagen wir waeren nach ein paar Stunden davon nicht gelangweilt gewesen... Doch wenn man damit fertig war, hatte man schon einmal einen Weg aus Erde. Da fehlte nur noch das Gras und das war wohl der interessanteste Teil! Eine grosse Maschiene, die ich nicht sah, hatte den Rasen direkt unter der Oberflaeche abgeschnitten, so, dass man quasi "Rasenplatten" hatte. Diese rollten wir nun in ca. 3 Meter langen und 1 Meter breiten Stuecken wie einen Teppich zusammen und die Rollen wurden auf die Ladeflaeche des "Ute" geladen und zum vorher geebneten Weg gebracht. Da unten am gruenen Gras noch die braune Erdschicht klebte, sahen die Stuecken aus wie Pfefferminzschokolade ;) Nun legten wir sie einfach auf den Weg, fuellten alle Ecken mit kleineren Rasenstueckchen aus und schon nach ein paar Tagen wuerden die Wurzeln anfangen in den Grund zu wachsen, nach ein paar Wochen wuerde man gar keinen Unterschied zum "normal gewachsenen" Rasen mehr sehen. Obwohl ich mit Begeisterung den Rasen ausgerollt haette, kam ich dazu wieder nicht, weil unser Hausherr wie gesagt etwas altmodisch ist und wohl bezweifelte ich waere nicht gut genug darin. Er machte es selbtst, wenn einer helfen konnte, dann Jaak. Ich durfte den Rasen fest treten.

Auch ueber Zaune klettern mussten wir immer mal

An diesem Tag war es aber etwas ganz anderes was mich noch mehr wuetend machte. Seit Tagen hatten die Beiden davon geredet, dass ihre 11 jaehrige Enkelin zu Besuch kommt. Der "Farmer" war ein viel arbeitender Mann und ich hatte mich schon gefragt ob er sich denn ein paar Tage lang Zeit nehmen wuerde fuer seine Enkelin. Er koennte die Enkelin ja auch einfach mit in den Garten nehmen dachte ich! Doch die Realitaet sah leider anders aus... Obwohl die Enkelin beigeistert alles gemacht haette um die Welt zu entdecken und Zeit mit Oma und Opa zu verbringen, wurde ihr jegliche Motivation geraubt. Wenn sie etwas sagte, antwortete man ihr entweder gar nicht oder schnippisch. Wenn sie hinaus wollte, verbot man es ihr. Es sei zu dreckig und sie musste doch an die guten Klamotten denken! Sie wollte sich umziehen und in die Gummistiefel schluepfen, aber das war auch nicht erlaubt. Sobald ihre Haende ein Stueck Erde beruehrten, wurde sie lautstark daran gehindert auch nur irgendetwas was mit Dreck, Matsch, Wasser... zu tun hatte zu beruehren. Anstatt dessen setzte man sie ganz alleine in die Kueche mit einem kleinen Computer auf dem man Rechenspiele spielen kann, Klavier auf unechte Weise "lernen" kann oder eine Katze kitzeln, die dann lacht oder witzige Geraeusche macht. Die Kinder in der Schule lernten alle mit diesen Computern... Gab es etwas zum naschen und die Kleine wollte zugreifen, wurde sie angefahren das das ja nur fuer die Grossen sei! So, warum duerfen als Grosse Chips essen und Kleine nicht? Dann sollte es doch fuer alle verboten sein, nicht?



An dem Tag an dem wir den Rasen umpflanzten (an der Stelle wo wir den Rasen weg nahmen wird uebrigens nach einigen Wochen oder Monaten neuer wachsen), an dem Tag mussten Beide "Eltern" das Haus verlassen. Da man der Enkelin nicht gestattete alleine im Haus zu bleiben, sagte man ihr sie solle ein Malbuch mit nehmen und die Stunden die wir im Regen mit Rasen umpflanzen zubrachten, im Auto sitzen und malen. Nein, sie durfte nicht aus dem Auto heraus, weil sie ja dann nass werden wuerde. Sie tat es trotzdem, wenn es fuer mich schon so sehr interessant ist, wie interessant muss es denn dann fuer ein Kind sein? Halfen tat sie uns nicht um den Bogen nicht zu ueberspannen. Nur als der Hausherr nicht hinschaute liessen wir sie kleine Rasenstueckchen tragen und sie zaehlte die noch auf der Ladeflaeche liegenden Rollen. Ich liess sie auch die Schubkarre schieben und den Wasserschlauch halten, mit der Meinung das man Kinder doch nicht einsperren soll. Am Ende dieser Arbeiten gab es natuerlich Aerger, weil es ein winziger Dreckfleck auf ihren rosaroten Pullover geschafft hatte und sie sich jetzt die Arbeit machen muessten zu waschen. Dabei hatten sie ihr doch gesagt sie solle im Auto sitzen bleiben! In den ganzen Tagen erlebte ich nicht einmal, dass sie mit ihrer Enkelin spielten oder ihr eine Geschichte vorlasen, wo die Kleine doch so offensichtlich Zeit mit ihnen verbringen wollte und gar nicht verstand was denn hier passierte.

Jaak fand auch gleich Gefallen am Malbuch ausmalen. Er malte allerdings alles schwarz weil es ihm so gut gefiel ;)


Einmal beschlossen Jaak und ich an den Strand zu gehen. Unser Hausherr fuhr uns netterweise dorthin, da wir ueber ein Privatgrundstueck mussten und wir sonst eventuell schief angeschaut werden. Es waere ein ca. 45 minuetiger Spaziergang zurueck - wenn man den "normalen"Weg laeuft.




Wir laufen aber ja nie normale Wege, erstens habe ich das so von meinen Eltern gelernt, und zweitens hatten uns eine ganze Horde Hunde auf dem Hinweg im Auto ganz boese angeknurrt. Also gings an der linken Seite des Flusses hin und auf der rechten Seite des Flusses zurueck, es waere ganz einfach sagte unser Hausherr, da wuerde dann eine Bruecke kommen die wir ueberqueren koennen und von da an muessten wir nur noch der Teerstrasse folgen die wir sowieso gekommen waren. Letzteres war tatsaechlich einfach, aber ersteinmal zu dieser Bruecke zu gelangen, stellte sich als ein mehrstuendiges Abenteuer heraus. Erst ging es durch hohes Gras, einen wirklichen Weg gab es ja nicht. Dann dachten wir wir nehmen eine Abkuerzung und liefen quer ueber eine Weide. Auf der einen Seite waren ein paar Holzstufen angebracht damit man sicher ueber den Zaun kommt, doch auf der anderen Seite fehlten diese stellten wir bald fest. Wir waren nicht ganz sicher ob der Zaun elektrisch ist, aber das sind sie hier fast alle und es waere einfach zu abenteuerlich von dem Holzstock den wir fanden und der nur so breit wie ein Fuss war, auf die andere Seite zu springen. Also den Weg zurueck. Irgendwie war ich gerade nicht in Abenteuer- Stimmung und bekam schlechte Laune, was dazu fuehrte, dass es ein bisschen zwischen uns knisterte und wir einige Zeit im Abstand von 10 Metern hintereinander herliefen. Immer am Fluss entlang, dann Schuhe aus und ab in den kalten Fluss, da war kein Durchkommen mehr am Ufer.

Noch ist es nicht dunkel...

Wir vertrugen uns bald wieder und ich dachte: "Yeah, Abenteuer", nicht beachtend das es schon wieder dunkel wurde und es dann natuerlich umso abenteuerlich waere den Weg zu finden den es nicht gab... Als wir etwas wie eine Bruecke sahen, machten wir wieder einen Umweg nur um festzustellen, dass es keine war. Wir liefen zurueck und versuchten dabei die bruetende Ente zu umgehen, damit sie nicht erschrickt und ihre Eier im Stich laesst wegen uns! Weiter gings, wieder durchs hohe Gras. Es wurde dunkel. Verzweiflung stieg auf und unsere Laune wurde wieder schlechter, es war genug Abenteuer, wir koennten jetzt gerne zu Hause ankommen! Da endlich, die Bruecke war zu sehen, wir waren also richtig! Aber anstatt den Wunsch zu erfuellen das wir bald zu Hause sein wuerden, versperrte uns ein Zaun den Weg! Es war unmoeglich am Wasser entlang zu laufen weil der Zaun bis ans Ufer ging und daneben nur noch steiler Abhang war. Durchs Wasser waten ging auch nicht, viel zu tief. Links von uns- Zaun. Rechts von uns - Zaun. Vor uns - Zaun. Nein, eigentlich waren es immer gleich 2 oder 3 Zaeune, mindestens einer davon elektrisch. Und dahinter war nichts als wieder Weiden - mit weiteren Zaeunen! Oh Mann. Wir konnten doch jetzt nicht den einstuendigen Weg wieder zurueck laufen um wieder ganz am Anfang anzukommen und dann doch in voelliger Dunkelheit ueber das Privatgrundstueck mit den boesen Hunden laufen! Schliesslich erklommen wir ein paar Zaeune linkerhand, obwohl wir ja eigentlich geradeaus gewollt hatten. Unter einem krabbelten wir drunter weg, ueber den Anderen sprangen wir mit Hilfe des Holzpflocks in der Ecke. Und dann schlug ein Hund an. Ohje. Nur wuerde uns also auch noch jemand fuer Einbrecher in der Dunkelheit halten. Der Hund bellte so lange bis ein Licht anging und eine junge Frau hinaus trat um nachzuschauen was los ist. Wir riefen ihr gleich zu, dass wir hier sind und fragten sie nach dem besten Weg hinaus. Sie rief zum Glueck nicht die Polizei, sondern schaltete den Strom an ihren Zaeunen aus, das Gelaende, das vor uns Richtung Bruecke lag. Es waren genaugenommen 2 Zaeune und es war nicht ganz einfach auf den Holzpflock zu klettern und ueber gleich Beide zu springen. Aber wir schafften es natuerlich, ueberquerten das Grundstueck, das naechste Grundstueck war gluecklicherweise nur mit einer nicht-verschlossenen Tuer versperrt und wir waren tatsaechlich an der Bruecke!! Mir fiel ein ganz gewaltiger Stein vom Herzen und ploetzlich vertrugen auch Jaak und ich uns wieder einwandfrei, nachdem diese Stresssituation bewaeltigt war.



Aber Jaak hatte auf der Bruecke eine betrunkene Gestalt im Dunkeln herumtorkeln sehen und wir waren ja nicht begierig jetzt vielleicht noch in einen Streit zu geraten... Aber einen anderen Weg gab es nicht, wir liefen schnell und gefasst ueber die Bruecke und gerade als wir aufatmen wollten weil keiner mehr zu sehen war, stolperten wir fast ueber eine am Boden sitzende Figur. Ein junger Mann sagte Hallo und fragte uns wo wir denn hin gehen. Er war so betrunken, dass er kaum laufen konnte und kaum ein ordentliches Wort herausbrachte, doch er schloss sich uns ein, weil er auch in die Richtung wollte... Wir waren etwas skeptisch, doch unterhielten uns mit ihm, er erzaehlte davon er wohne hier in der Naehe, aber ganz sicher sind wir da nicht. Wahrscheinlich hat er kein zu Hause und haengt immer in den Strassen herum. Wir gingen ca. 30 weitere Minuten mit diesem jungen Mann, da kam uns ein Auto entgegen und es war unser Hausherr der sich Sorgen gemacht hatte und uns suchern gekommen war! Da wir unseren betrunkenen Begleiter ja nicht einfach in der Dunkelheit stehen lassen konnten, nahmen wir ihn im Auto mit und liessen ihn an unserem Haus heraus, er lief irgendwohin und ich hoffte sehr am naechsten Tag wuerde nicht in der Zeitung stehen, dass ein betrunkener Mann auf der belebten Strasse ueberfahren wurde...

Unsere Hausherren fanden diese Geschichte unglaublich lustig, scheinbar zogen wir immer wieder Streunder an (wie unser bester obdachloser Freund in Hamilton der uns Tage spaeter im "Facebook" hinzufuegte und kaum aus der Freude herauskam, dass er mit uns nun schon 3 Freunde hat...).Lustig fanden sie aber auch das unser neuer alkoholischer Freund ein Ereignis persoenlich erlebt hatte wie er sagte, dass schon mind. 35 Jahre zurueck liegt. Er selbst war aber nach eigener Aussage erst 24 Jahre alt.

Dann hiess es wir muessten gehen, denn die Beiden wuerden fuer einige Tage weg fahren. Das machte uns ein wenig Sorgen, wollten wir doch so schnell nicht dieses sorglose Leben wieder fuer das auf der Strasse aufgeben. Das bequeme Bett, jeden Tag eine warme, unglaublich leckere Mahlzeit, keine Sorgen wenn es regnete weil man ja einfach ins Haus gehen konnte und sich schnell unter die Bettdecke kuschelt wenn es kalt ist.




Doch wir hatten keine Wahl und versuchten so einen neuen Woofingplatz zu finden, da es mit der Arbeitsfindung einfach nicht funktionierte. Doch auch das klappte nicht und einige Tage vorher hatten wir noch immer nichts. Da boten unsere Hausherren an wir koennten doch ohne sie hier bleiben, sozusagen das Haus hueten! Mein Gott, das klang ja traumhaft, ein eigenes Haus fuer uns! Wir arbeiten viel davor um in diesen Tagen frei zu haben. Und dann war es auch tatsaechlich soweit, Jack blieb uns erhalten und der "Ute", mit dem wir auch umher fahren koennten, sie hatten ihn sogar noch aufgetankt!

Jaak hat immer noch ein bisschen Angst wenn ich fahre, aber das wird sich schon noch legen ;)

 












Eigentlich wollte Jaak in diesen Tagen einen mehrtaegigen Spaziergang machen, damit wir auch einmal etwas Abstand in unserer Beziehung gewinnen koennen. Doch da es nur regnete, war das mal wieder nicht moeglich. Also machten wir zusammen einen Tagesausflug, packten ein paar Aepfel und Birnen ein, und auf gings Richtung Vulkan. Den konnten wir schon immer von unserem Fenster sehen uns er sah eigentlich aus wie ein normaler Berg, wie hatten Beide noch nie vorher einen Vulkan gesehen. Sehr wahrscheinlich das er ausbrechen wuerde war es nicht, das hatte er schon seit ein paar Hundert Jahren nicht getan. Das Besondere war aber: auf dem Vulkan lag noch Schnee! Und schon seit ich in Tasmanien gewesen bin hatte ich mir gewuenscht endlich mal wieder Schnee zu sehen oder sogar anzufassen, das letzte Mal war ja nun schon eine ganze lange Weile her.


Noch kein Schnee, aber schon mal eine Skipiste

Wir fanden einen Parkplatz und liefen hinauf zum "Skigebiet". Es dauerte nur ca. anderthalb Stunden bis hoch und da war gerade auch nicht viel los, die Gondel geschlossen, dafuer reichte der Schnee im beginnenden Fruehjahr nun doch nicht mehr aus. Und dann kam er naeher und naeher: Yeah, Schnee! Wir waren vor dem loslaufen noch gar nicht sicher gewesen ob wir ihn auch anfassen koennten, doch wir konnten! Nach all der monatelangen Vorfreude dauerte es nur ungefaehr 5 Minuten bis wir uns wieder daran erinnerten wie kalt Schnee ist... Wir hatten ja auch keine Winterklamotten, Jaak war sogar in Sandalen unterwegs! Ich baute einen kleinen Schneemann, wir warfen uns mit ein paar Schneebaellen ab und das reichte dann auch das unsere nichts mehr gewoehnten Haende halb abgestorben waren und wir wieder wussten, warum wir uns die warmen Laender zum herumreisen ausgesucht hatten ;) Wir traten den Heimweg an und irgendwann kam auch mit diesem haesslichen Kribbeln was wohl jeder von euch kennt (und was meiner Meinung nach noch schlimmer als die Kaelte selbst ist), das Gefuehl zurueck in unsere Haende.





Yeah, mein kleiner weisser Schneemann ;)


















Wir ueberstanden die Zeit des alleinigen Haus huetens gut, doch es gab zwei kleine Zwischenfaelle ;) Der erste war, dass ich vergass wie gewoehnlich ueber Nacht den Huehnerstall zu schliessen (der viel zu klein fuer die vielen Huehner war...). Mir fiel es am Morgen panisch ein und ich dachte oh Mist, wenn die jetzt weg sind... Jaak machte es noch schlimmer und sagte nachts kaemen alle moeglichen Tiere die Huehner weg schnappen... Panisch ging ich hinaus zum nachschauen und sah - 3 Huehner! Wo normalerweise 4 waren... Oh mein Gott. Ich fuehlte mich echt schlecht. Da liessen diese netten Menschen uns fuer ein paar Tage ihr Haus hueten, und ich schaffte es schon am zweiten Tag ihre Huehner zu toeten. Ich ging ins Haus und teilte Jaak in Trauermiene mit eines der Huehner waere verschwunden. Aergerlich ging er nach draussen um selbst nach zu schauen und da waren - 4 Huehner! Also entweder hatte Jaak es wieder hergezaubert oder es hatte sich in irgendeiner Ecke versteckt und gerade Eier gelegt. Wir liessen sie in dem kleinen eingezaeunten Gelaende herum laufen, wo ich sie ja lieber gleich wieder ganz eingesperrt haette, und als Jaak 10 Minuten spaeter nocheinmal hinaus ging, war es schon nur noch zum lachen. Die Huehner waren nun durch eines der Loecher im Gitter entwischt und liefen kreuz  und quer ueber den Rasen. Dankbarerweise sind Huehner ja aber etwas zu unintelligent ihre gewonnen Freiheit voll auszuschoepfen und um die Welt zu reisen, sie gaben sich mit dem frischen Gras direkt neben den Kaefig zufrieden. Wir begannen eine gackernde Huehnerjagd und nach nur 5 Minuten waren sie diesmal wirklich IM Kaefig, um ja keinen Schaden mehr anzurichten. ;)





Es war an demselben Tag an dem unsere "Hauseltern" gegen Nachmittag oder Abend wiederkommen wollten. Jaak beschloss wir sollten doch nett sein und  ein bisschen das Haus putzen, das macht er manchmal richtig gerne! Ich raeumte unser Zimmer auf waehrend er sich die Kueche vornahm und mich eine Weile spaeter zu sich rief... Die Kueche war richtig nobel, mit einer Bar und Spuele mitten im Raum, Marmoroberflaechen und ganz bestimmt keinen Second-Hand Moebeln. Jaak rief mich nun zum Edelstahl- Kuehlschrank und sagte ich solle etwas versuchen abzuwischen, was ich allerdings gleich als winzige Kratzer identifizierte. Oh mein Gott...Jaak hatte in seiner Unschuld diesen gruenen Schwamm benutzt, ohne zu wissen, dass da kleine Kratzteilchen drine sind fuer groben Dreck! Bis er mit bekam das es kein Dreck ist sondern Kratzer die der Schwamm verursacht, waren da schon Kratzer links, rechts, oberhalb des Handgriffes, unterhalb des Handgriffes....ueberall an der Kuehlschranktuer. Er war vollkommen verzweifelt. Diese Familie legte doch so viel Wert auf Ordnung und Korrektheit und nun hatte er zerstoert was doch eigentlich nur Hilfe werden sollte. Er schaute im Internet nach wie man Kratzer verschwinden lassen kann. Oel war die Antwort. Die naechsten 30 Minuten standen wir panisch am Kuehlschrank und versuchten ueberall wo Kratzer waren Oel hin zu schmieren, was erst gar nicht half, dann aber mit einer ordentlichen Oelmenge den Schaden recht gut ueberdeckte. Das Problem daran: Man sah das Oel und die saubere Hausherrin wuerde dieses Oel natuerlich auch sehen und weg wischen, wobei wir wieder am Kratzer angelangt waeren...

Jaak stoeberte bestimmt 2 Stunden im Internet, dann beschloss er wir muessen jetzt zum Laden fahren und irgendwas kaufen, da soll es Mittel geben sagt das Intenet. Ich soll mitkommen bitte. Gluecklich das die Laeden hier auch Sonntags aufhaben. Also begann unsere Tour von Warenhaus zu Warenhaus, Reinigungsfachgeschaefte, Baumaerkte und und und. Jaak wurde immer verzweifelter, er verlor all seine Kraft und konnte nicht mehr mit irgendwelchen Menschen reden. Ich uebernahm diesen Teil dann also. Letztendlich kamen wir in einem Autobestandteilefachgeschaeft (wie auch immer man das nennt) heraus und da hatten sie tatsaechlich dieses Zeug! Das wird wohl normalerweise fuer Kratzer an Autofelgen genommen... Mein Gott, wir rannten aus dem Laden mit dem Zeug in der Hand, ich machte schon im Auto meine Schuhe auf und las die Anwendungshinweise, die genau aus einem Satz bestanden "duenn auftragen, mit weichem Lappen einreiben" Und genauso stand es da wirklich, weil es naemlich deutsch war, denn wie ich gleich herausfand war dieses Zeug made in Germany! Ob Deutschland uns am Ende doch noch retten wuerde? Jaak wuerde schon wissen warum er sich eine deutsche Freundin gesucht hatte ;)



Die Hausherren wollten gegen 16 uhr wiederkommen, jetzt war es genau 14.42 Uhr als wir wieder zu Hause waren, nach bestimmt 3 Stunden panischem Suchen und herumrennen. Wir waren unter extremen Druck, aber auch voller Hoffnung, genaugenommen die letzte Hoffnung die wir hatten. Noch vor Jaak war ich im Haus, bemuehte mich ertsmal dieses Oel von dem Kuehlschrank abzuwischen. Dann das Zeug auftragen. Hmm. Sieht nicht wirklich wirkungsvoll aus... "Du drueckst zu fest auf beim wischen" sagte Jaak ungemein hilfreich und uebernahm die Aufgabe. Er trug das Zeug auf und genau in dem Moment wo er sagte es muesste jetzt einziehen (das hatte er sich so ueberlegt).. hoerten wir Laerm draussen. Oh. Mein.Gott. Ich rannte zum Fenster, das Auto der Tochter stand da. Mit den beiden Toechtern die um die 25 Jahre alt waren und auch hier wohnten, hatten wir kaum etwas zu tun. Sie waren meist arbeiten oder feiern. Aber dies hier duerften sie ja genauso wenig sehen wie ihre Eltern... Ich rannte zurueck, panisch versuchte Jaak das Zeug mit dem Lappen wieder abzuwischen, nur um festzustellen, dass man ja dann die Kratzer sieht! (Und zwar wirklich eindeutig schon von weit weg.) Er oeffnete die Kuehlschranktuer und schrie mich an "Tu als ob du was in den Kuehlschrank stellst!" So konnte er dastehen mit der geoeffneten Tuer ohne das es auffiel. "Hallo" sagten wir freundlich und ich wusste wenn wir einfach nichts weiter sagen, gehts sie gleich in ihr Zimmer. Was nicht heisst das sie nicht wieder herauskommt um sich etwas zu Essen zu machen... Jaak schloss den Kuehlschrank und wischte daran herum, ich wusch auf und raeumte den Geschirrspueler so langsam wie moeglich aus, extra laut mit dem Geschirr klappernt damit sie merkt: Wir sind immer noch in der Kueche.Aber das Zeug wirkte nicht. Wie soll auch bitte etwas Kratzer weg machen? "Der Lappen ist nicht weich genug" beschloss Jaak, "haben wir denn keine weichen Kleidungsstuecke?" Ich gab ihm eine meiner "Bettsocken", die heissen wohl so weil sie weich und flauschig sind (zumindest bevor sie 100 mal gewaschen wurden...). Aber fuer diese Aktion musste man eben Opfer bringen und nun wurde der Kuehlschrank eben mit meiner Socke geputzt ;) Was natuerlich auch nix half, Jaak brauchte eben nur ein bisschen Hoffnung. Ich probierte es auch noch ein weiteres Mal, nichts. Die Deutschen konnten uns mit ihren tollen Produkten also auch nicht retten. Jaak lag traurig auf dem Bett, volllkommen verzweifelt wollte er gerne seine Ruhe und ich ging an den Computer. Aber komischerweise hatte der sich auch gegen uns verschworen und das Internet ging in 3 Versuchen nicht. Dann stellte ich fest das ich eigentlich panische Angst hatte hier zu sitzen, denn es war mittlerweile halb vier und der einzig sichere Platz war in unserem Zimmer. Ich ass nichts, weil ja jemand in die Kueche kommen koennte und mich auf die Kratzer ansprechen wuerde... Also schrieb ich mein Tagebuch in unserem Zimmer, die riesigen Vorhaenge zugezogen das uns ja keiner sieht. Jaak hatte sich in seiner Verzweiflung in die Traumwelt gefluechtet und schlief 2 Stunden, ich lugte aengstlich durch die Vorhaenge ob ein Auto kommt. Aber mit der Zeit wurde ich gelassener. Wir konnten jetzt eh nichts aendern. Wir muessten wohl die Kuehlschranktuer bezahlen und deshalb wuerden wir mal wieder kein Geld haben, was bedeutet das wir uns auch kein Auto als Unterkunft leisten koennen und wieder auf der Strasse in der Kaelte schlafen und leben muessen. Aber wir konnten ja jetzt eh nichts mehr daran machen, also mussten wir uns stellen. Als Jaak aufwachte war auch er viel relaxter, was nichts daran aenderte das er als sie wirklich kamen Hallo sagte und dann fuer die naechsten 5 min auf dem Klo verschwand, ich panisch an die Tuer klopfend und sagend "Jaak, komm raus, das ist nicht fair!" Die Beiden waren aber gerade eh zum Auto umparken gegangen und heraus kam ein lachender Jaak der sagte er musste nur mal aufs Klo :) Als sie schliesslich kamen hielten wir ein bisschen Smalltalk, bis die Mutti mit der Einkaufstuete mit Milch und Kaese hinein ging und ich leise zu Jaak sagte, jetzt wird sie es wohl heraus finden... Er ging ebenfalls ins Haus. Als ich kurz spaeter mit einer Einkaufstasche herein kam, stand die Hausmutti vor dem Kuehlschrank und wischte daran herum, Jaak stand betroeppelt daneben. Aber sie hatte die Kratzer mit einem Chromreiniger eingerieben und der bewirkte etliches mehr als unser gekauftes deutsches Zeug. Die Kratzer sind noch immer da, nur nicht mehr allzu gut zu sehen. Sie sagte wir sollen uns jetzt keinen Kopf darueber machen und sie hatte schon Visionen gehabt wie wir mit diesem Schwamm die Ceranplatte des Herdes sauber machen, dagegen sei das ja nichts! Ich war ungemein erleichtert, noch immer zitternd, Jaak ging es nicht allzu viel besser. "Sie war traurig und enttaeuscht" sagte er. "Ich wollte doch nur etwas Gutes machen". Wir mussten nichts bezahlen und konnten unser Geld doch fuer unseren neuen Lebensaufbau nutzen.



Denn die Steuerrueckzahlung aus Australien war endlich gekommen. Ich hatte nocheinmal angerufen und dabei erfahren, dass sie meinen Antrag nie bekommen hatten. Ich sendete ihn also nochmals und es dauerte keine zwei Wochen bis ich mein Geld hatte. Bei Jaak ging es um viel mehr Geld und deshalb hatte er eine Organisation bezahlt die es fuer ihn "ordentlich" machte. Wie sich aber nun heraustellte liessen sie sich zwar bezahlen, aber viel mehr taten sie nicht. Anstatt mehr als erhofft wieder zu bekommen, bekam er nach langen 9 Wochen knapp 1000 Dollar weniger und sie antworteten ihm nie auf seine Emails undFragen. Wieder Tage des Anrufens, Emails schreibens und Nachforschens. Wir bekamen nie den wirklichen Grund der geringen Zahlung heraus und waren uns einig in Zukunft so wenig wie moeglich Organisationen zu nutzen, egal in welchen Bereichen des Lebens. Aber unterschiedlichste Stellen sagten es haette seine Richtigkeit und so freundeten wir uns eben mit weniger Geld an. Fuer ein Auto zum darin schlafen um dem Regen zu entkommen wuerde es schon noch reichen.

Ich kann nicht sagen wir hatten eine schlechte Zeit mit diesen Menschen in dem Garten. Das will ich wahrhaftig nicht sagen mit meinen scheinbar so vielen Kritiken. Es ist eher so: Wenn man irgendwo neu hingeht, neue Menschen kennen lernt, dann ist ersteinmal alles gut. Mensch, sind die Menschen nett, man hilft gegegenseitig und toleriert alles. "Naja, das macht er ja nur einmal" oder "sie hat nur schlechte Laune heute..." . Doch lebt man eine Weile mit Menschen zusammen, findet man nach einer Weile auch die anderen Seiten heraus. So wie auch wir. Und wie das nun im Backbackerleben so schoen geht, kann man sich dann einfach wieder auf und davon machen ;) Was wir nach 2 Wochen dann auch wirklich machten.

Bis bald!

Sonntag, 1. Januar 2012

Angekommen in Neuseeland!

Hey! Nun gibts keine australischen Gruesse mehr, jetzt gibt es Neuseelaendische! :)

Die Zeit rennt und schon wieder sind Monate vergangen seit unserer Ankunft hier. Ich frage mich ob die Zeit bei euch zu Hause auch so schnell laeuft? Auf jeden Fall haben wir nach einer Umstellung der Uhr zur Sommerzeit nun 11 Stunden Zeitunterschied nach Deutschland, ich glaube einige Tage lang waren es sogar 12! Das laesst einen wirklich erkennen das man einmal um die Welt gereist ist...

Ich kann nicht sagen, dass wir uns riesig darauf freuten nach Neuseeland zu kommen. Ohne Geld hatten wir keine wirkliche Ahnung wo wir hin gehen koennten und wo zu schlafen. Das wuerden wieder ein paar kalte Naechte werden... Das es eine recht taffe Zeit fuer uns war koennt ihr auch daran erkennen, dass ich nicht mehr den Blog geschrieben habe. Wir hatten bis vor wenigen Tagen noch immer kein Laptopkabel und das Geld was wir somit fuers Internet ausgaben, musste fuer die Jobsuche herhalten.



Unser Flug von Sydney nach Auckland ging am 14.9. abends und entgegen der Meinung der Menschen im Hostel, dass es doch viel zu weit waere mit all unserem Gepaeck zum Flughafen zu laufen, taten wir es trotzdem. Wir hatten ja den ganzen Tag dafuer Zeit und wuerden weitere 18 Dollar sparen. ;) 4 Stunden spaeter  kamen wir an,  zweieinhalb hatte man uns angekuendigt, doch wir machten eine Menge Pausen und liessen uns Zeit.



Wir stiegen in den Flieger und kamen 5 Stunden spaeter in Neuseeland an, wovon wir 3 Stunden geflogen waren und die Uhr um weitere 2 Stunden vorgestellt wurde. Man liess uns ohne Probleme passieren, niemand fragte wie viel Geld wir wirklich auf dem Konto haben und wir waren angekommem -  in unserem zu Hause fuer die naechsten 8 Monate. Ein grosses Plakat begruesste uns - Maennerhintern in Sportkleidung, irgendjemand greift zwischen deren Beinen hindurch um Besitzer des eifoermigen Balles zu werden. Welch ein seltsamer Willkommensgruss. Man konnte es nicht vergessen, hier war gerade Rugby - WM und diese ist genauso wichtig wie die Fussball-WM fuer die Deutschen. Die "All Blacks" sind die Helden Neuseelands, der Rugby ihre Religion und zu diesem Zeitpunkt meiner Nachricht haben sie die WM bereits als neue Weltmeister verlassen. Mensch, in was fuer einem herrvorragendem Land bin ich doch hier gelandet ;)



Wir waren nicht im geringsten am Rugby interessiert und gehoerten damit wohl zu einer enormen Minderheit. Auf dem Zettel den man vorm  Eintritt nach Neuseeland auszufuellen hatte um anzugeben wie lange man bleibt, ob man irgendwelche Fruechte einfliegt (die ja Bakterien oder Fruchtfliegen mit sich bringen koennten), auf diesem Zettel gab es extra wegen der WM ein neues Kaestchen mit der Frage: "Bist du wegen der Rugby-WM hier?"  Es waren wohl nicht viele Passagiere die wie wir dort "Nein" ankreuzten.

Wieder einmal das Gefuehl: "Und jetzt?" Warum sind wir denn eigentlich in Neuseeland und was wollten wir hier anfangen? Wir hatten schon 2 Wochen vorher 26 Leuten auf "Couchsurfing" geschrieben, die Seite auf der Menschen in der ganzen Welt kostenlos einen Schlafplatz anbieten, irgendwann kann man es hoffentlich anderen Reisenden mit einer eigenen Couch zurueck geben. Von 26 Leuten hatte uns kein einziger geantwortet... Die waren wohl alle ausgebucht mit Rugby-Fans.
Doch wir hatten Glueck: Der Flughafen war die ganze Nacht geoeffnet und wir machten es uns auf der Bank bequem um wenigstens bis zum naechsten Morgen ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Damit konnten wir die Frage um das Danach noch ein paar Stunden verschieben, aber als es ploetzlich immer belebter neben unserer Schlafstaette wurde, wir dank unbequemer Bank noch unausgeschlafener als vorher waren und uns nach einer Dusche sehnten, wussten wir, wir konnten vor unserer Zukunft nicht mehr davon rennen. Die Pommes von MC Donalds die wir uns uns ausnahmsweise goennten, weil wir ja gerade wieder eine Nacht Unterkunftskosten gespart hatten, waren traumhaft.



Noch im Flughafen durchforsteten wir stundenlang das Internet nach Jobs und bewarben uns bei etlichen Firmen, Schlangen von Menschen hinter uns stehend die alle darauf warteten 15 Minuten kostenlos ins Internet gehen zu koennen, die normalen Flugpassanten liefen in Scharen umher. Nach Stunden legten wir endlich fest: Wir wuerden 8 km zum naechsten Ort laufen, Isomatten kaufen und dann einen Platz fuer unser Zelt finden. Wir waren so muede, wir wollten nur noch schlafen....Als wir aus dem Flughafen traten, fing es an zu regnen. Wir gingen wieder hinein und warteten eine weitere halbe Stunde bis es aufhoerte, so wuerde das Wetter in Neuseeland bleiben und das war nicht gerade aufbauend. Etliche Menschen teilten uns mit wir waeren in der falschen Zeit gekommen, es war ja immer noch Winter. Aber mein Australienvisum war nun mal in dieser Jahreszeit abgelaufen, ausser illegal da zu bleiben gab es keine Alternative als irgendwo anders hin zu gehen.

Wir ueberlegten kurz mit dem Shuttlebus nach Auckland zu fahren und in einem Hostel unterzukommen um einer Nacht im Regen zu entgehen, aber was fuer ein dummer Gedanke. Wir hatten noch immer genug Geld fuer Essen, doch fuer eine teure Untekunft koennte es gerade fuer eine Woche reichen bis wir nichts mehr haetten. Wir warteten noch immer darauf unsere gezahlten Steuern von Australien zurueck zu bekommen, was unser Leben um einiges einfacher machen wuerde, aber die Australier sind da nicht weniger relaxt als die Deutschen, nach 8 Wochen war noch immer nichts geschehen.



Also liefen wir, und liefen, um irgendwo einen Platz fuers Zelt zu finden, was inmitten einer Ortschaft ja bekanntlich schwer ist. Nur Privatgrunstuecke wohin man blickt, selbst die Waelder gehoeren zu irgendwem. Der einzige passende Platz stellte sich kurz spaeter als Golfplatz heraus. Und wie wir da so muede und in Gedanken am Strassenrand entlang liefen, geschah wieder ein kleines Wunder. Ohne das wir unseren Daumen herausgestreckt hatten hielt ein Auto an um uns mit zu nehmen. Doch das war noch nicht genug, als der Mann hoerte wir wollten die Nacht bei diesem Wetter im Zelt verbringen, lud er uns ein in seinem Haus fuer eine Nacht zu verweilen. Das war das Beste was uns in diesem Moment passieren konnte, wir sollten auch spaeter noch kennen lernen wie gastfreundlich die Neuseelaender sind. Dieser Mann war ein "Maori", dass sind die Eingeborenen Neuseelands, aber im Gegensatz zu den Aboriginis in Australien sitzen diese nicht vernachlaessigt auf der Strasse herum und trinken weil sie keinen Lebenssinn sehen, sie sind gesellschaftlich genauso anerkannt wie die Weissen. Sie waren eben schon immer ein kaempferisches Volk und kaempften damals gegen die Weissen die sie unterdruecken wollten. Sie lassen sich bis heute nicht unterkriegen und spielen in der Politik eine wichtige Rolle.Wir verbrachten die Nacht in dem Ort mit dem netten Namen "Papatoetoe", ein Wort in der Sprache der Maoris.



Am naechsten Tag fuhr der Neffe dieses Mannes nach "Hamilton" und bot an uns mit zu nehmen. Wir wussten nicht wo Hamilton liegt, aber wir wussten auch nicht wo wir hin wollten und wenn man schon einmal eine kostenlose Mitfahrgelegenheit bekommt, sollte man die doch nutzen oder? Wir fuhren also mit dem Maori- Neffen und seiner Maori-Freundin nach Hamilton, da gab es ein grosses Stadium und noch am selben Abend wuerden die neuseelaendischen "All Blacks" gegen irgendein anderes Land Rugby spielen, der Grund warum sich auch eine ganze Schar anderer Menschen dorthin auf den Weg machte.

Angekommen in Hamilton machten wir unseren Weg zum Stadtzentrum und liessen uns auf einer Bank nieder. Jetzt begann das uns nur allzu bekannte Spiel wieder von vorne. Waehrend hunderte Menschen im Stadium ihre Mannschaft anfeuerten, waren wir nur damit beschaeftigt heraus zu finden wo wir diese Nacht verbringen koennten, wo es guenstig Essen gab und ob uns vielleicht jemand zurueck geschrieben hatte und wir nun einen Job hatten. Hatten wir natuerlich nicht... Aber da gab es noch eine kleine Hoffnung und ich lief durch die ganze Stadt um irgendwo eine Telefonzelle zu finden, ich wollte eine Familie kontaktieren die irgendwo auf dieser Insel wohnte und eine Nanny fuer die naechsten 3 Wochen benoetigten. Diese sollte allerdings am naechsten Tag anfangen und so waren meine Hoffnungen gering, dass sie noch niemanden gefunden hatten. Als ich endlich eine Telefonzelle gefunden hatte fand ich gleich heraus, dass wir uns unbedingt ein Handy zulegen muessten: Die oeffentlichen Telefone funktionierten nur mit einer gewissen Telefonkarte, die wir natuerlich nicht hatten. Also machte ich mich auf ins naechste Hostel und der "nette" Mann liess mich viel zu ueberteuert telefonieren, dafuer, dass ich in 2 Versuchen nur eine Mailbox erreichte. Sie meldeten sich nie bei mir.
 

Doch als ich zurueck zu unserer ausgewaehlten Bank kam, sah ich einen ca. 40 jaehrigen Mann neben Jaak sitzen und konnte nicht verhindern, dass mich Hoffnung und Freude ueberkam. Egal wer dieser Mann war oder was er uns zu sagen hatte, es ist einfach ein solch schoenes Gefuehl in schwierigen Situationen einen Helfer zu finden, auch wenn das helfen vielleicht nur heisst ein paar aufmunternde Worte zu bekommen, das Gefuehl: "Du bist nicht allein" oder die Erfahrung, dass nicht alle vorbei laufen und uns herablassend anschauen weil man uns womoeglich ansieht wir sind gerade obdachlos und haben nicht viel Geld. Eigentlich kann man sagen, dieser Mann stellte sich als unser kleiner, privater Engel heraus. Und das wohl erstaunlichste an dieser Tatsache: Dieser Engel war ein Obdachloser der erst vor 3 Monaten aus dem Gefaengniss entlassen worden war.

Unser obdachloser Helfer


Den ganzen Tag blieb er bei uns und als es dunkler wurde, schlossen die Tueren des Obdachlosenheimes auf, dort wollte er uns gern fuer die naechsten Naechte unterbringen, das waere nicht sehr teuer. Das hiesse aber auch, dass ich in dem Obdachlosenheim fuer Frauen unterkommen wuerde und Jaak mit unserem Helfer im Maennerobdachlosenheim, ich kann nicht sagen, das ich der ganzen Sache ganz gelassen entgegenging. Den "Stolz" habe ich verloren. Es spielt keine Rolle ob ich nun mit Prominenten im Hotel oder mit Obdachlosen im Obdachlosenheim unterkomme, hier in der Ferne ist alles egal und dies macht das Leben so unglaublich einfach.Zweifel hatte ich eher weil unser Helfer uns schon vorbereitete wir muessten auf unsere Sachen aufpassen, da wird gerne mal was geklaut. Ausserdem sind die Leute dort gewoehnlich betrunken. Na gut. Ich kann nicht sagen ich aergerte mich sehr, als das Obdachlosenheim schon "ausgebucht" war und wir nun doch die Nacht draussen verbringen sollten. Doch wir hatten ein Zelt und obwohl es kalt war, wuerde das schon gehen. Wir warens ja mittlerweile gewoehnt. Unser Helfer brachte uns Klamotten aus dem Heim, Muetzen und die naechsten Tage immer wieder warmen Tee und leckere Baguettes. Wir fuehlten uns echt beruehrt von dieser Hilfe, scheinbar ist es wahr, die das wenigste haben, die geben das Meiste. Die naechsten 3 Naechte uebernachteten wir also im Zelt, da wir aber inmitten einer Kleinstadt sind, war das recht schwer. Unsere ausgewaehlten Plaetze befanden sich hinter Hecken am Fluss, nur 2 Meter neben uns konnten wir die Leute auf dem Weg vorbei laufen hoeren.



Ausserdem warnte uns unser obdachloser Freund, da hingen auch oft die anderen betrunkenen Obdachlosen herum, die nicht immer alle nur Gutes wollten... Es ist verrueckt, dieses soziale Gefuege und wie man in eine Gruppe hinein geraet. Wir waren nie zuvor in Hamilton gewesen, kannten keine Menschenseele dort. Haetten wir unser letztes Geld zusammen genommen und es fuer eine Nacht im Hotel ausgegeben, haetten wir ganz andere Leute kennen gelernt, haetten den Obdachlosen auf der Strasse vielleicht einen mitleidigen Blick zu geworfen. Aber nun waren wir ohne Geld und in der "Gruppe der Obdachlosen". Es waren die wohlhabenderen Leute die uns keines Blickes wuerdigten oder abwertend ansahen, die Obdachlosen hingegen gruessten uns auf der Strasse und dauernd sagte jemand er wuerde da jemanden kennen, der koennte uns bestimmt mit nem Job helfen...

Am 1. Tag in Hamilton hatte ich festgestellt wir brauchen ein Handy, sonst koennten wir ja nie irgendwelche Jobs kontaktieren. Und genau am selben Abend waren wir auf unseren Helfer getroffen der uns mitteilte, am naechsten Morgen wurde ein neuer Handyladen aufgemacht und die ersten 50 Kunden kriegen ein Handy geschenkt. Na da mussten wir hin :) Jaak schlummerte noch im Zelt als uns unser Helfer Fruehstueck aus dem Obdachlosenheim mitbrachte und wir gemeinsam zum Shop "rannten". Es war ca. 8 Uhr am Morgen und der Laden wuerde um 9,30 Uhr aufmachen. Ploetzlich kamen all die Visonen in mir hoch, die wohl materialistisch eingestellte Menschen sehr oft haben: "Was wenn ich zu spaet bin? Oh Gott, ich muss unbedingt eines dieser Telefone kriegen. Vielleicht kann ich ja irgendwie tricksen? Ich stell mich einfach an den Anfang und poebel ein bisschen rum wenn jemand was sagt...?" Ich hatte es nur einmal erlebt, als ich mit meiner Mutti im Aldi anstand um einen dieser super guenstigen Druecker zu bekommen. Sobald der Laden auf war, stuermten die Menschen los, jeder rannte den Anderen ueber den Haufen und interessierte sich nicht an den Fuessen der anderen Menschen. Willkommen in der modernen Gesellschaft. Wuerde nebenbei auf der Strasse jemand verbluten, keiner wuerde seinen Platz aufgeben und ohne guenstigen Drucker oder Handy losziehen.

"Schnaeppchenjagd", schon frueh um 3 wird angestanden fuer ein kostenloses Handy


Ich schaffte es, war in den 30iger Nummern. Ich war eineinhalb Stunden vorher da. Die Leute am Anfang der Schlange hatten sich Stuehle mit gebracht, sie waren sofort nach dem Rugbyspiel am Abend vorher hierher gezogen und warteten seit fruehs um 3 auf die Ladeneroeffnung und das kostenlose Handy. Sie bekamen einen besonderen Applaus. Als ich den Flyer mit dem "neuen" Handy sah bekam ich mit, dass es genau das selbe alte Sony Ericson war was ich auch zu Hause in Deutschland liegen habe! Unglaublich, ich war nun schon seit ueber einem Jahr weg und hatte es mindestens nochmal 2 Jahre vorher gekauft, das Handy war einafch so "alt", dass es normalerweise keiner mehr kaufen wuerde und so verschenkten sie es eben und brachten Menschen dazu, 6 Stunden vor ihrem Laden in der Kaelte zu warten. Am beeindruckensten war aber der Moment, als alle Menschen um mich herum ein Handy zueckten um sich die Langeweile mit spielen oder SMS schreiben oder Internet zu vertreiben. Auf Nachfrage erzaehlten sie mir, sie haetten zu Hause noch 3 Handys liegen und warum sie das Handy hier wollten, wussten sie selbst nicht. Sie waren eben gerade vorbeigekommen und hatten nichts zu tun. So viel ich auch meinen Kopf anstrenge diese Menschen zu verstehen, ich kann es nicht. Es ist eben die moderne Gesellschaft, alles gibt es im Ueberfluss. Ich stand an dieser Schlange nicht weil ich Langeweile hatte Sonntag frueh um 8, sondern weil dieses Handy fuer uns tatsaechlich von enormer Bedeutung war, anders koennten wir keinen Job finden weil wir ja auch kein Internet hatten.Feierlich wurde der Shop eroeffnet und genauso feierlich ass ich das Bonbon was wir bekamen und trank den kleinen Orangensaft. Jaak war mittlerweile auch da, wartete mit unseren grossen "Hippietaschen" gelangweilt aufs Ende und jegliche Menschen um mich herum fingen an zu tuscheln als ich mir die Muehe machte nur wegen der kleinen Flasche zu ihm zu gehen und zu teilen. Genau dieselben Menschen die mir auch vorher einreden wollten wie viel sinnvoller doch ein geregeltes Leben mit fester Arbeit und Anstehen am Handyladen ist, als im Busch ohne Geld zu leben.



Unser obdachloser Freund wurde natuerlich umso schraeger angeschaut. Es ist schwer in solchen Faellen wirklich hinter der Person zu stehen und nicht auf die Seite der grossen Masse zu gelangen, nur damit sie Einen nicht selbst als "Opfer" auswaehlen. Doch wir wussten was er fuer uns getan hat und nun tauschte er auch noch Handys mit uns! Er hatte 120 Dollar fuer sein Handy ausgegeben, mit freiem Internet, Freiminuten, unendlich vielen Frei SMS...  Nun war er der Meinung wir benoetigten dieses "protzige" Handy viel mehr, dann koennten wir auch im Internet nach Jobs suchen, und tauschte mit uns gegen das gerade bekommene kostenlose alte Handy.


Dann hatten wir wieder ein Jobangebot. Wir hatten angefangen einfach in ganz Neuseeland nach Jobs zu suchen, wussten wir doch eh nicht was zu machen und wo hin. In Hamilton wollten wir nicht bleiben. Das Jobangebot war allerdings auf der anderen Insel, im Sueden. Es war nur ein wenig sauber machen im Hostel fuer freie Unterkunft und ab und zu ein paar Stunden an der Rezeption arbeiten, das waere nicht viel Geld. Doch es ist ein Anfang! Allerdings ein recht komplizierter Anfang, denn wir muessten dafuer erst einmal ohne viel Geld rechtzeitig in 3 Tagen auf die Suedinsel Neuseelands kommen. Trampen koennten wir zwar, aber dazwischen lag immer noch eine Faehre die es zu bezahlen gab und konnten wir es ueberhaupt rechtzeitig nach "Greymouth" schaffen? Zusaetzlich ist das der Ort mit dem meisten Regen in Neuseeland und das reizt uns ja nun nicht wirklich... Wir rechneten aus, dass unser gesamtes Geld alle sein wuerde wenn wir in Greymouth ankamen. Und das fuer ein paar Stunden arbeiten fuer Unterkunft... Es waren mehr unglaubliche Ruehrungstraenen die mir in die Augen stiegen als unser obdachloser Freund doch tatsaechlich anbot, er wuerde uns 100 Dollar leihen. Das waere genug um dorthin zu gelangen und einen Neuanfang zu wagen. Oh Mann, welch ein unglaublicher Moment wenn ein Obdachloser einem Geld anbietet... Doch ich konnte das Geld nicht annehmen, lieber sollte er selbst seinen Neuanfang bezahlen und seine Tochter besuchen gehen die er gerne ab und zu bei sich haben wollte. Ausserdem machte es fuer mich einfach immer weniger Sinn dorthin zu gehen, je mehr ich darueber nachdachte. 

Mittwochs gingen wir in die Suppenkueche mit unserem Helfer, es gab kostenlos ein warmes Mahl.

Wenigstens ein bisschen helfen- Staub saugen nach dem Mahl


Er nahm uns auch mit in die Kirche und langsam fuehlten wir, dass es uns zu viel Hilfe wurde. Er redete davon, dass wir in die Kirche gehen und dort mit Menschen ins Gespraech kommen, ich koennte mich auch an den Eingang stellen und Musik machen, dann wuerden die Menschen ueber uns erfahren und Mancher uns vielleicht helfen. Das war uns dann doch zu extrem. Schliesslich hatten wir ja Geld, wir litten keinen Hunger und hatten ein Zelt in dem wir schlafen konnten, das hatten wir doch alles vorher auch schon gemacht und es war ok, das Wetter war eben nicht so wie man es sich wuenscht. Schliesslich sprachen wir mit der Sozialarbeiterin die sich um die Obdachlosen kuemmert, unser Helfer hatte das schon vor Tagen veranlassen wollen weil er sicher war sie wird uns helfen. Wir erklaerten ihr allerdings schnell, dass sich das alles etwas hoch gespielt hat. Wir hatten genug Geld zum Essen und waren ok im Zelt zu uebernachten. Sie bot uns eine Dusche an, das war doch schon einmal etwas schoenes. Als wir mit unseren Handtuechern bewaffnet los ziehen wollten, kam der Koch uns entgegen. Der Koch der immer Mittwochs fuer die Obdachlosen kocht. Er bot uns an, wir koennten in seinem Haus schlafen. Wir wussten nicht ganz recht, wir kamen uns nun selbst schon wie Obdachlose vor die von allen bemitleidet und bemuttert werden, man muss vorsichtig sein, dass man die Guete der Menschen nicht ausnutzt wo wir doch selbst scheinbar so wenig zurueck geben koennen.

Yeah, ein zu Hause!
Aber der um die 60 jaehrige "Kirchenmann" freute sich ueber unseren Besuch fanden wir bald heraus. Wir verbrachten 1 Woche und 1 Tag dort. Jeden Tag bot er uns wieder an wir koennten doch noch laenger bleiben. Staendig entschuldigte er sich, dass er nichts zu Essen fuer uns hatte oder zu wenig Zeit mit uns verbringen konnte. Wir genossen die Zeit unglaublich. Die Neuseelaender und Australier wissen ganz ehrlich nicht wie man Haeuser baut, es ist nichts gedaemmt und deshalb gefuehlte Minusgrade im Haus. Doch wir waren gluecklich. Kein Regen konnte uns mehr etwas anhaben. Anstatt den ganzen Tag auf der Parkbank herum zu sitzen, hatten wir ein "eigenes" Haus, da unser Mitbewohner ja arbeiten war. Staendig fragte man uns was wir denn schon gesehen haben hier, doch wir sahen nichts, weil wir es viel zu viel genossen einfach nichts zu machen, zu lesen, Tagebuch zu schreiben, Klavier zu spielen...



Keine Sorgen mehr wie: "Wo schlafen wir heute Nacht? Um  6 heisst es aufstehen damit uns keiner erwischt! Dann haengt man irgendwo auf Baenken herum und wartet sehnsuechtig auf die ersten Sonnenstrahlen, die die Kaelte vertreiben. Oh Mann, nur wer keine Dusche hat weiss wie schoen es ist eine Dusche zu haben. All die Dinge die wir nie wirklich wertschaetzen - haben wir sie nicht, faellt es uns auf wie wertvoll und schoen sie eigentlich sind. Unser "Kirchenmann" nahm uns auch mit und zeigte uns die Gegend ein wenig, damit wir wenigstens einmal etwas hier gesehen hatten. Wir hatten wieder eine Unmenge an Plaenen. Wo faengt man an, wenn man gar nicht weiss wohin man will und was man eigentlich will? Einfach mit dem Zelt an einen einsamen Strand gehen wo man kostenlos und gesetzlich genehmigt zelten kann um dort aufs gute Wetter zu warten, dass war eine Weile der groesste Plan. Als wir einen Sonntag mit unserem Helfer in die Kirche gingen, gab es Wuerstchen und Kuchen fuer jeden. Man feierte "Fruehlingsanfang". Draussen wurde eine Schneerodelbahn fuer die Kids aufgebaut, wovon wir uns weit entfernt hielten. Wir hatten genug Kaelte gehabt und fuer unser hatte dieser "Fruehlingsanfang" eine solch grosse Bedeutung, wie wohl fuer niemand Anderen dort.




Schliesslich hielten wir uns an "Woofing". Das heisst ein paar Stunden arbeiten fuer freie Unterkunft und meist Essen. Meine 1. Woofingerfahrung war auf der Farm in Tasmanien gewesen und es war, hauptsaechlich wegen dem Wetter und weil ich nicht "hippie" genug bin, nicht eine der Besten. Hat man Glueck und es ist wahrhaftig eine ganz besondere Erfahrung, dann ist ja alles gut. Aber es ist einfach die Woofer als "billige Hilfskraft" anzusehen geraet man an die falschen Leute. 6 Stunden taeglich arbeiten fuer ein Bett und vielleicht eine kleine Mahlzeit, das waere in meinen Augen nicht gerecht. Darueber laesst sich unendlich streiten, alles was ich sagen will ist, dass ich dieser neuen "Woofingsstaette" mit einigen Zweifeln entgegen trat.



Nach genau einer Woche bei unserem "Kirchemann" wollten wir nun also nach "New Plymouth" trampen, mit der Familie war schon abgemacht das wir kommen. Sie hatten einen grossen Blumengarten und brauchten Hilfe. Weil es an diesem Tag aber in Stroemen regnete und das beim trampen eher unpassend ist, verschoben wir unsere Abreise einfach auf den naechsten Tag und wurden gleich noch auf eine Pizza eingeladen. Am naechsten Tag gings dann wirklich wieder an die Strasse. Hoert bald wie es dann weiter ging ;)  


Danke "Kirchenmann"