Montag, 25. Juli 2011

Auf manche Momente ist man nicht vorbereitet.
Ich haette mir wohl alle moeglichen Reisberichte ueber die Phillipinen anschauen koennen, aber ich tat es nicht. Wir waren so spontan, dass wir am Tag unserer Abreise nicht einmal die Abflugszeit im Kopf hatten. Das ist eben das Leben hier, ein Urlaub in den Phillipinen wird nicht monatelang vorher geplant, er ist nur eines von vielen kleinen Abenteuern.
Wir trafen uns noch in Darwin mit Meelis und Ruby, Jaaks estonischer Freund mit seiner neuen koreanischen Freundin. Doch wir sahen uns nur im Flughafen, im Flugzeug sassen sie getrennt.



Ruby und Meelis, Korea und Estland



Angekommen in "Manila", Hauptstadt der Phillipinen, soweit ich weiss acht groesste Metropole der Welt und einziger Anflugsort mit dem Flugzeug von Uebersee, war es dunkel. Nacht. Es waren 3 Stunden Flug bis hierher gewesen und nun hatten wir vor im Flughafen zu uebernachten um uns die 1. Nacht Unterkunftskosten zu ersparen. Das war allerdings nicht so einfach denn als wir durch alle Sicherheitsschleusen hindurch waren, standen wir auch schon im Freien. Also teilten wir dem Fahrer eines Shuttlebuses mit, wir wuerden Morgen frueh fliegen und fuhren mit ihm zu einem anderen Flughafengebaeude. Dort angekommen sprach uns sofort eine nette Frau an und wollte uns helfen unseren Weg zu finden. Da wir ihr schlecht sagen koennten, wir wollten im Flughafen uebernachten, sagten wir, wir wollten einen Flug fuer den naechsten Morgen finden. Ruby hatte zum Glueck ein paar Orte im Kopf, weil sie schon einmal ein paar Monate hier gelebt hatte. Sofort machte sich die nette Frau ans Werk und versuchte telefonisch einen Flug fuer uns zu finden, den wir ja eigentlich gar nicht wollten. Wir sollten dafuer wieder zu einem anderen Flughafengebaeude fahren und das war kostenlos mit einem weiteren Shuttlebus. Wir stiegen also mit ihr ins Auto in dem Vertrauen, wir wuerden jetzt zu einem anderen Flughafen fahren und koennten ihr dann schon irgendwie klar machen, dass wir keinen Flug moechten und im Flughafen schlafen.



Phillipinische Pesos



Doch wir kamen nicht an einem Flughafen an, sondern in einem Reisebuero. Ups, wie konnten wir uns denn da jetzt hinauswinden? Jetzt hatten sie uns extra hierher gefahren und jetzt wollten wir nicht einmal ihren Flug... Jaak und ich sagten schliesslich die Wahrheit. Wir muessten ein paar Tage in Manila bleiben, weil Jaak sich fuer das Touristenvisum in Australien bewerben wollte. Sie schien etwas enttaeuscht, wollte uns aber noch immer helfen in unseren ersten Minuten in den Phillipinen. Sie fuhr uns zur Geldwechselstelle und zum Essen kaufen. Die Phillipinen bestehen aus 7007 kleinen Inseln (das ist eine ganze Menge), Meelis und Ruby suchten sich eine aus und buchten hier tatsaechlich einen Flug! So kam es, dass wir uns schon in unserer ersten Nacht wieder von ihnen trennten.



Jeepmeys auf der Strasse









Wir waren einfach nur muede und wollten eine guenstige Unterkunft. Auf den Phillipinen ist alles bestimmt 10 Mal billiger als in Australien oder Deutschland, aber die Unterkuenfte die uns der Mann vorschlug, waren trotzdem alle von einem fuer uns nicht bezahlbaren Preis. Zumal es mittlerweile schon naechster Morgen war und es sich nicht lohnte, dafuer viel Geld zu zahlen. Erst nach ein paar Stunden erzaehlte uns der Mann, dass er oben ein Zimmer hatte, winzig klein und ohne Klimaanlage, aber wir koennten es buchen. Wir wussten, dass wir fuer dieses winzige Zimmer zu viel zahlten, aber wir wollten einfach ein Bett und es war guenstiger als all die Hotels.
Nicht nur das Zimmer war klein, wir wurden auch gleich mit dem phillipinischen Wohnstandart bekannt gemacht. Die Toilette war ohne Spuelung, man nutzte einen Eimer zum nachspuelen. Es gab kein Toilettenpapier, die Phillipiner putzten sich mit der Hand und Wasser ab. Seife wird nur von Touristen genutzt. Auch ein Waschbecken gab es nicht und die Zahnbuersten standen alle auf der gebrochenen Toilette herum, ich putzte mir meine Zaehne ueber der Toilette. Die Dusche war ein einfacher Hahn im Raum, nur kaltes Wasser und wenn man duschte wuerde das ganze Bad unter Wasser stehen, durch einen kleinen Abfluss im Boden konnte es abfliessen.



Der hygienische Standart ist etwas anders als bei uns in den Phillipinen



Ich aergerte mich, dass mir das nicht wirklich gefiel und ich mich schon jetzt zum Luxus der "zivilisierten" Welt zurueck sehnte. Und da hatte ich fuer 1 Jahr nach Afrika gewollt!
Doch mein eigentlicher Kulturschock kam am naechsten Morgen, mit dem Schritt, den ich zum ersten Mal im Tageslicht auf die Strassen Manilas tat. Das sage ich jetzt nicht einfach so daher! Ich moechte ausdruecklich erwaehnen, dass es tatsaechlich ein Kulturschock war, weil es hier zu 100 Prozent anders ist als in Europa oder Australien. Da ich nun in Australien alleine gereist war, hatte ich naiverweise geglaubt, ich koennte ueberall alleine klar kommen. Doch waere Jaak nicht bei mir gewesen, der schon Erfahrung in Asien hatte, haette ich mich wahrscheinlich einfach irgendwo auf die Strasse gestellt und angefangen zu weinen, so ueberfodert war ich.  Ich waere nie irgendwo angekommen.



Wir wollten zu einem anderen Hostel und das ist in einer der groessten Staedte der Welt nicht gerade einfach, wenn man keine Ahnung vom Verkehr hat. Also fragten wir nach und da die meisten Phillipiner zum Glueck sehr gut Englisch sprechen, setzten sie uns in eines dieser witzigen "Jeepneys", die wie ein kleiner Bus aussehen.



Im "Jeepney"



 Man steigt ein, gibt das Geld ueber alle anderen Menschen zum Fahrer durch (die Menschen wissen irgendwie immer schon wie viel es wohin kostet) und dann wird das Wechselgeld ueber alle anderen Menschen wieder zurueck gegeben. Da wir als Touristen nicht wissen koennen wie viel es wohin kostet und die Fahrer sich dieser Sache bewusst sind, bezahlten wir das Dreifache vom normalen Preis. Eine ganz schoene Touristenabzocke, normal in diesen Laendern, aber ich konnte schwer damit umgehen.
Gluecklicherweise sagte uns der Mann wo wir aussteigen sollten, doch dann standen wir wieder da und hatten keine Ahnung wohin. Also wieder Menschen fragen. Der naechste Mann schickte uns mit einem dieser lustigen Motorraeder mit Beifahreranhaenger umher und da er ein Polizist war, trauten wir ihm nicht.







 Jaak hatte gehoert die Polizisten seien die groessten Abzocker, man solle ihnen nie trauen. Wir dachten es waere so nah, dass wir laufen koennten und nahmen an, der Poilizist haette uns einen viel zu hohen Preis genannt.
Also gingen wir auf die gegenueberliegende Strassenseite in ein sauber und nobel aussehendes Restaurant. Es war eher im MC Donalds - Standart gehalten, doch ich fuehlte es als eine Oase des Vertrauen, das kannte ich, hier wollte ich am Liebsten bleiben. Diese Menschen sagten uns nun auch, wir muessten mit einem dieser "Tricycles" fahren und nannten uns sogar noch einen hoeheren Preis, den wir dem Fahrer dann auch wohl oder uebel bezahlten. Der Weg war doch laenger als gedacht und sie hatten uns richtig geschickt.



Die Fahrt im "Tricycle" birgt viele Abenteuer

Im Tricycle







Als wir an unser Hostel kamen, war ich fix und fertig, komplett ueberfordert mit dieser Masse an neuen Informationen. Hatte ich mir in Australien immer gewuenscht als Deutscher etwas Besonderes zu sein, fuehlte ich mich jetzt als zu besonders. In meiner Unsicherheit starrte mich auch noch jeder Phillipiner an als ob ich ein Ausserirdischer war mit meinen blond gelockten Haaren und blauen Augen, denn die Phillipiner haben alle schwarze Haare und braune Augen. Ich konnte auch nach 2 Wochen noch nicht wirklich gut damit umgehen.
Die naechsten Tage regnete es in Stroemen, von Morgens bis Abends. Ausserhalb des Hauses wurde man nass bis auf  die Unterwaesche. Man sagte es das waere normal, denn es war Regenzeit, es war ueberall in den Phillipinen das Gleiche, egal wo man hin ging. Das war ziemlich entmutigend, da unser Plan war ein Motorrad zu mieten und damit ein paar Tage herum zu fahren. Eine Motorradtour im Regen ist allerdings nicht allzu erfreulich....



Unsere Unterkunft in Manila



Das Bild was man in einer dieser grossen Staedte in den Phillipinen bekommt, ist Folgendes: Ueberall Verkehr, es ist wie ein dauernder Stau oder zaehfliessender Verkehr. Zu Tausenden fahren die Jeepneys, Motorraeder und Taxis herum, sie rufen einem zu "komm mit mir" und es ist verdammt laut. Die Menschen springen raus und rein, manchmal halten die Fahrzeuge gar nicht richtig an. Ein Fussgaengerueberweg ist kein Fussgaengerueberg, weil kein Fahrzeug anhaelt. Man muss sich seinen Weg ueber die Strasse hart erkaempfen. Auch wenn es ein paar Verkehrsregeln und Ampeln gibt, es scheint doch als ob jeder macht was er will. Die kleinsten Gefaehrte, wie die einfachen Motorraeder, draengen immer nach vorne. Sie ueberholen links und rechts, fahren auf dem Fussweg oder Standstreifen wenn dort Platz ist und beruehen ihre Nachbarfahrzeuge fast wenn sie an ihnen vorbei fahren. Die Fahrbahn auf der man faehrt, wird in sekundenschnelle immer wieder gewechselt, immer dorthin wo gerade Platz ist. Doch bei all diesem Chaos gibt es viel weniger Unfaelle als bei uns!



Alles wird aufgeladen



Die Fahrzeuge sind alt und verrostet, sie fahren mit Diesel und es kommt schwarzer, ungesunder Dampf aus dem Auspuff. Im kompletten Gegensatz dazu sieht man genauso viele komplett neue Autos, und dieser Kontrast ist typisch fuer die Phillipinen. Neben einem alten, zerbrochenen Haus aus Wellblecher oder zusammen gezimmerten Brettern, steht ein riesiges, neues und gut aussehendes Staatsgebaeude oder eine Villa. Es ist kaum zu glauben wenn man es sieht. Ueberall an der Strasse wollen Menschen etwas verkaufen in ihren muehselig zusammen gezimmerten Marktstaenden. Sie rufen einem schon von weitem zu was sie zu verkaufen haben und manche laufen einfach mit ihren Dingen herum, und versuchen sie so zu verkaufen, indem sie den Menschen wahrhaftig auf den Geist gehen. Dann reicht es nicht aus freundlich "Danke, Nein" zu sagen, es reicht auch nicht aus es 2, 3 oder 10 Mal zu sagen. Sie wollen es nicht hoeren, tippen einen an und lassen sich nur schwer vertreiben. Die Weissen sind ja alle reich.
Es ist so unglaublich dreckig auf den Strassen, die Fluesse braun und voll mit Muell, streunende Hunde und Katzen ueberall mit ausgefallenem Haar weil sie krank sind und auch nicht wirklich gut von den Menschen behandelt werden. Sie sind keine geliebten Haustiere wie bei uns, sie leben auf der Strasse und wenn sie nicht selbst etwas zu Essen finden, dann verhungern sie. Es waere auch schwer alle zu fuettern, bei dieser Masse an streunenden Tieren. Es riecht unangenehm und man fuehlt als ob man mit jede Atemzug Staub und Dreck einatmet.
Mittem auf dem Fussweg eine unueberdachte halbrunde Plastikwand und daran ein Schild – Urinal fuer Maenner. Mittem auf dem Fussweg wird das Geschaeft erledigt, und da ist diese Wand schon besonders, normalerweise geht man einfach zur naechsten Hausecke und stoert sich nicht im geringsten an vorbeigehenden Passanten.


Einmal waren wir im Supermarkt, da ging ein kleines Maedchen, 8 Jahre alt, an mir vorbei und schaute mich mit grossen runden Augen an. Aber nicht nur das – vorsichtig streckte sie ihren Finger aus und beruehrte meine weisse Haut. Dann lief sie schnell davon und versteckte sich hinter den Eltern. Als ich sie allerdings freundlich anlaechelte, taute sie nach und nach auf, fragte mich nach meinem Namen und wo ich denn wohne, sie hatte so jemanden anscheinend noch nie gesehen - und das wiederum faszinierte mich.
Die naechsten 2 Tage verbrachte ich fast nur im Hostel, wegen dem Regen und meiner Ueberforderung. Das Hostel hatte einen "normalen" Standart, es gab Toiletten mit Spuelung, Toilettenpapier fuer die Europaeer, ein Waschbecken, es stank nicht und war sauber.
Auf unserem Heimweg vom Supermarkt fiel uns zum wiederholten Male auf wie von der Hauptstrasse immer wieder kleinere Seitenstrassen abgingen die in Wohnviertel fuehrten. Worueber wir uns wunderten – davor war jedesmal ein kleiner Grenzkontrollpunkt mit einer Menge Securitymaennern. Das ist wohl dafuer, dass die Reichen unter sich bleiben koennen und nicht von aermeren Menschen
oder Strassenhaendlern gestoert werden.
Es gibt eine ganze Menge Securitymaenner in den Strassen dieser grossen Staedte. Sie stehen vor jedem etwas ”besserem” Shop (also nicht vor den typischen kleinen Ramschlaeden wo es fast alleNahrungsmittel zusammen gequetscht auf engstem Raume gibt, hauptsaechlich aber Suessigkeiten, alles in diesen ausgeblichen Farben und alt aussehend). Es koennte einen etwas einschuechtern, dass die einfachen Securitys, wie auch die Polizisten, hier alle Maschienengewehre tragen. Vollkommen normal.
Doch wir haben entgegengesetzt der Mitteilung wir sollten uns als Weisse vor der Polizei in Acht nehmen, nur gute Erfahrungen mit ihnen gemacht. Sie erklaerten uns immer freundlich den Weg, lachten mit uns und gruessten auch aus der Ferne.



Ich wusste bereits, dass ich die Phillipinen eigentlich moegen wuerde, ich musste mich nur daran gewoehnen. Es war alles so wunderbar farbenfroh und voller Gegensaetze!
Wir beschlossen am Sonntag nach "Angeles" zu fahren, denn der Regen sollte ersteinmal schwaecher werden. Als wir zum Bahnhof liefen, kam eine Frau die ihr Baby stillte und streckte ihre Hand nach Geld aus. Aber sie streckte nicht einfach ihre Hand aus, sie beruehrte mich und wollte mich festhalten, denn ich hatte ihr Geld zu geben. Das verringerte mein Mitleid schon wieder um einiges, ich fuehlte mich eingeschuechtert und veraergert. Niemand hatte das Recht jemanden auf der Strasse anzupacken und festhalten zu wollen dachte ich.
Wir schafften es schliesslich in den Bahnhof zu verschwinden.
Im Bahnhof mussten wir etliche Securityschleusen passieren, all unsere Taschen wurden durchsucht, wir kauften ein Ticket, fanden das richtige Gleis und bekamen schliesslich mitgeteilt, dass einer der Zugwagons nur fuer Frauen ist.
War aber kein Problem, wir gingen eben in den Anderen. Alle kleinen Dinge werden so kompliziert wenn man in weiter Ferne in einer anderen Kultur ist. Selbst wenn es nur
eine Zugfahrt ist oder ein Ticketkauf oder die Unterkunftssuche... Das kann manchmal ziemlich anstrengend sein, macht das Leben aber auch interessant.
Die Zuege kamen unserem europaeischen Standart ziemlich nah, nur scheuen die Phillipiner keine koerperliche Naehe. Auch auf den kleinsten Platz wird sich noch gequetscht, Hauptsache alle passen hinein oder herauf auf das Gefaehrt.




Nach einer halben Stunde Zug fahren, hiess es den richtigen Bus finden und dann erwarteten uns 2 weitere Stunden Bus fahren, bis wir schliesslich in “Angeles” ankamen, noerdlich von Manila.
"Angeles" ist ueberall bekannt als die Stadt der Prostituierten. An jeder Strassenecke winken einem junge, nur in ein kurzes Kleid gekleidete Frauen einladend zu, doch in ihren Club zu kommen. Auch wenn man als ein Paar auftaucht stoeren sie sich nicht daran und laden gleich Beide ein. Auf der Strasse werden Zigaretten verkauft.
Auch Kinderpornographie ist hier noch immer ein grosses Thema. Viele Kinder haben nicht die Kindheit, die ein Kind haben sollte. Der Koerper zaehlt mehr als der Verstand.
Etliche aeltere, weisse Maenner nehmen sich eine junge, huebsche Phillipinerin zur Frau, wir trafen auf ein 22 jaehriges phillipinisches Maedchen, die auf dem Weg zu ihrem 45jaehrigen australischen Freund war. Die meisten Touristen kommen aus diesen Gruenden nach Angeles, wir hatten andere Plaene.
Doch zunaechst hiess es einmal mehr unsere bereits gebuchte Unterkunft zu finden und das stellte sich schon bald als sehr schwierig heraus...
Wir fragten 3 Maenner und sie erklaerten uns, wir sollten nach rechts gehen bis zu dem riesigen, teuren Kasino. Also taten wir das, nur ca. 10 Minuten laufen. Nicht weiter wissend, fragten wir dort wieder nach. Nein, das war nicht hier, das war in der Richtung aus der wir gerade gekommen waren! Man erklaerte uns es waere zu weit zum laufen, deshalb sollten wir wieder mit einem Jeepsy fahren. Da hatten die 3 Maenner uns wohl veralbert...
Doch nach nur 5 Minuten Fahrt, fuehlten wir uns umso mehr veralbert – man liess uns genau an der Stelle heraus, an der wir angefangen hatten, die 3 Maenner standen noch immer da und schauten uns verwundert an wie wir wieder kamen. Sie beharrten darauf, dass es in der Richtung sein in die sie uns gewiesen hatten und auch eine Taxifahrer bestaetigte das. Der wollte uns dann netterweise auch gleich zu einem vollkommen ueberteuertem Preis dorthin fahren, aber diesmal wussten wir Bescheid und beschlossen zu laufen. Zurueck in die selbe Richtung, ca. 10 Min. laufen bis wir an der selben Stelle ankamen aus der wir gerade gekokmmen waren. Diesmal fragten wir einen anderen Mann um auf Nummer sicher zu gehen. Doch ihr koennt euch vorstellen was nun passierte – dieser Mann schickte uns genau wie der Andere zuvor in dieselbe Richtung wieder zurueck, aus der wir gerade gekommen waren! Einfach unfassbar und die Abkuerzung die er uns gleich darauf erklaerte, war in die genau entgegengesetzte Richtung – wie sollte das bitte moeglich sein? Wir lernten hier, dass die Phillipiner scheinbar so gerne helfen, dass sie einen Weg zeigen wenn sie gar nicht sicher sind ob dieser richtig ist. Letztendlich hielt er eines des Motorraeder an und wir quetschten uns wieder in der Beifahreranhaenger mit unserem ganzen Gepaeck. Wenigstens verlangte dieser Fahrer nur die Haelfte des Preises vom Letzten. Auch er hatte eine Weile zu suchen bis er den richtigen Weg fand, sie haben eben kein Navi hier. Dank uns konnte der Mann also eine neue Adresse lernen und wir kamen ca. 15 Min. spaeter am richtigen Haus an. Dieser ganze Weg war in 10 Minuten zu laufen und wir nahmen nie wieder ein Taxi.









Als wir allerdings dort ankamen dachten wir, wir waeren am falschen Ort. Es war ein normales Wohnhaus wie auch all die Wohnhaeuser daneben, kein Zeichen das hier eine Unterkunft oder ein Zimer zu vermieten ist. Ein paar Kids spielten auf der Strasse Fussball und bettelten uns um Geld an als sie uns sahen.
Als ich die Tuer oeffnete (Klingeln gibt es hier wie auch in Australien nirgends), lag ein Maedchen vor dem Fernseher auf der Couch und schlief. Wir weckten sie auf und fanden nur schwerfaellig herauss, dass wir tatsaechlich richtig waren, ihr Englisch war nicht besonders gut. Wir hatten ein paar Minuten zu warten in denen sie den Raum fuer uns vorbereiteten (als ob wir uns nicht vorher angemeldet haetten...). Ich konnte nicht zaehlen wie viele junge Menschen hier lebten, zusammen mit Geschwistern, Freunden und auch Kindern. Niemand hatte einen eigenen Raum. Neben dem Raum den wir jetzt bewohnten (normalerweise schliefen sie darin), gab es noch einen einzigen anderen Raum in dem sie nun mit 8 Menschen in Betten und auf dem Boden schliefen, ein 10jaehriger Junge, ein 2jaehriges Maedchen und ein kleines Baby eingeschlossen.
Unser Zimmer war in der 2.Etage und eine kleine Tuer fuehrte hinaus auf ein kleines rostiges Dach. Hatte ich ein bisschen Bedenken dort hinaus zu gehen, sah ich wenig spaeter mit groesster Verwunderung 3 fremde Menschen darauf herum spazieren. Keine Ahnung ob sie vielleicht aus der Nachbarschaft kamen und wo sie ihr Weg hinfuehrte, weit kommt man ja auf einem Dach nicht.



Auf dem Dach vor dem Fenster kommen auf einmal die Nachbarn anspaziert



Ich schloss das kleine 2 jaehrige Maedchen in mein Herz und empfand es als komplett neue Erfahrung, weil weder ich sie verstand noch sie mich, und wir uns trotzdem gut leiden konnten. Ich spielte ihr ein Lied auf der Floete und sie sang mir ein Lied. Ihre junge Mutti uebersetzte immer ins Englische wenn es etwas wichtiges gab, was sie mir zu berichten hatte, Wie z.B. das ich grosse Beine hatte und sie kleine.



Das kleine 2jaehrige phillipinische Maedchen posiert voller Stolz fuer ein Foto






So kam es, dass wir eine recht gute Beziehung zu Ihnen hatten und sie uns erlaubten den groessten Teil unseres Gepaecks hier fuer etwa eine Woche unterstellen zu koennen, denn wir hatten tatsaechlich ein Motorrad fuer den naechsten Tag gemietet, dass perfekt war fuer holprige Strassen und Abenteuer! Unsere jeweils 16 kg Gepaeck wurden also um weitere 6 oder 7 kg zusammen geschrumpft und es wurde nur mit genommen, was auf den Gepaecktraeger des Motorrads und in den Rucksack passte. Am naechsten Morgen gings los.







Ich dachte ich wuerde ein wenig Panik haben das 1. Mal auf einem Motorrad zu sitzen, aber eigentlich fuehlte ich mich ziemlich gut (dort hatte unser Po noch nicht angefangen unmenschlich weh zu tun). Nur in den Kurven war ich ein wenig unsicher, wenn sich das Motorrad gefaehrlich nah dem Boden naeherte. Ausserdem fuehlte sich mein Kopf in den ersten Stunden an als waere er aus Blei, der Helm schien Tonnen zu wiegen. Das war aber alles Gewoehnungssache.
Die Ausschilderung war ziemlich spaerlich und wir fragten in jeder Stadt nicht nur einmal nach dem Weg. Die Phillipiner halfen uns wirklich IMMER und erklaerten uns super freundlich den Weg doppelt und dreifach, dass wir auch ja nicht falsch fahren wuerden.


Anfangs war das Fahren sehr anstrengend, grosse Strassen, Hunderte von Fahrzeugen die sich alle den besten Platz erkaempfen wollten und wenn man dachte gleich aus der Stadt heraus zu kommen, war man schon in der naechsten Stadt. So ging es den gesamten ersten Tag und wir kamen nur 160 km voran, wir waren durch bestimmt 20 Staedte gefahren und hatten das Gefuehl es waere nur eine grosse gewesen.
Es ging nicht darum recht weit zu kommen und als wir gegen Nachmittag endlich in eine kleinere Ortschaft kamen und eine “Wildlife-Farm” ausgeschildert sahen, machten wir uns auf den Weg dorthin.







Der Weg ging von der normalen Strasse ab und wurde eine Feldweg, durch Wasser und Schlamm und ueber Steine. Das Motorrad war geschaffen fuer diese Strassen. Durch die groesste Schlammpfuetze watete ich aber doch lieber zu Fuss, Man musste sein Glueck ja nicht heraus fordern. Fast auf der anderen Seite angekommen teilte uns dann jemand mit, das waere der falsche Weg, wir waren zu weit gefahren. Lieber hundert Mal nachfragen, selbst wenn die Phillipiner kein Eng verstehen, verstehen sie doch die Ortsnamen und helfen einem weiter (In dem meisten Faellen auch richtig). Wir fuhren den Weg wieder zurueck und als wir die Wildlife-Farm ohne zu fallen erreichten, wurden wir von einem Tiger begruesst.



Nett wenn einem der Tiger Hallo sagt


Dieser war zum Gluck in einem Kaefig, genauso wie Affen, Kaninchen, Ziegen, Pferde, Schildkroeten, Schafe, alle moeglichen Arten von Voegeln und Fischen... und so weiter. Es war ein ziemlich schoenes Fleckchen Erde und genau das, was wir nach diesem Verkehrsstress gebraucht hatten. Ich fand in den Affen nicht nur alte Verwandte, sondern auch neue Freunde.










Eine Phillipinerin und ein Schweizer hatten diesen Platz schon vor etlichen Jahren erschaffen um ein Stueckchen Natur zu schuetzen, die Unterkunft war wie fast ueberall in den Phillipinen (ausser in den grossen Touristenstaedten) spottbillig fuer uns Europaeer und ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so sehr ueber eine Dusche gefreut.



Unsere Unterkunft
Wegen den ganzen Abgasen der Autos, waren unsere Gesichter schwarz. Vor allem um die Augen herum sah ich aus, als haette ich Mascare genutzt und mich geschminkt, das konnte auch die Dusche nicht wirklich beseitigen.






Kaninchen







Am naechsten Tag konnten wir ca. 100 km mehr fahren, weil der Verkehr weniger wurde und es schon etwas laendlicher zuging. Dafuer hatten wir ein neues Problem, welches uns von nun an den Rest unserer Tour immer wieder begleiten wuerde – die Schmerzen im Po vom vielen sitzen. Wenn man zu zweit auf einem Motorrad sitzt, bleibt nicht viel Platz sich irgendwie zu bewegen und wenn nahezu jegliches Blut und Gefuehl aus unseren Pobacken verschwunden war, dann legten wir eine Pause ein. Meine Jeanshose hielt dem vielen sitzen nicht stand und riss so ein, dass ich nur noch eine sehr kurzes Hoeschen daraus haette machen koennen. Ich kaufte mir eine etwas dickere Leggings und wir hofften das waere genug Schutz wenn wir fallen wuerden...Zumindest war es bequemer. Auf Motorradkleidung und Schutz wurde hier kein grosser Wert gelegt, wir waren fast die Einzigen die einen Helm trugen. Der Helm hatte aber auch den Vorteil, dass uns darunter keiner mehr als Weisse erkennen konnte und wir uns etwas mehr in Ruhe gelassen fuehlten.






Die witzigsten Kanus mit denen sie aufs Wasser gehen


Nach einer Weile schienen alle Ortschaften durch die wir fuhren gleich auszusehen. Ueberall diese notduerftig aus Wellblech, Holz oder Bambus zusammen gezimmerten Haeuser. Doch auch wenn die Umwelt dieser Menschen so notduerftig war, arm und einfach, ich sah nicht eine Person die Hunger zu leiden schien. Keiner war abgemagert oder hatte einen Hungerbauch, auch ihre Klamotten waren immer sauber und sahen gut aus. Ich sah keine Alkoholiker und es ging von niemanden ein unangenehmer, ungewaschener Geruch aus. Es gab aber auch fast keine uebergewichtigen Menschen, da die Menschen sich gesund ernaehrten (hauptsaechlich von Reis) und viel weniger von Fastfood. (Es gibt aber natuerlich MC Donalds in den Staedten, Wahnsinn was die fuer einen Einfluss ueber die Welt haben). Ihr herzliches Lachen laesst jeden gesund erscheinen, auch wenn bei aelteren Menschen fast immer ein paar Zaehne im Mund fehlen, ich schaetze Zahnprotesen kann und will sich hier niemand leisten.


Die Gegend wurde immer laendlicher und wir sahen immer mehr Landwirtschaft. Es gibt keinen Rasenmaeher, das Gras wird mit einer Sense per Hand abgemaeht. Ziegen und Pferde stehen am Strassenrand angepflockt damit sie fressen koennen. Ein Mann ging mit einer Kuh am Strick spazieren um das beste Gras zu finden. Ein Bauern laeuft mit seinem Rind und dem Pflug uebers Feld um es zu pfluegen.
Auf Zaeunen, Strassenleitplanken, Leinen, Leitungen... ueberall war farbenfrohe Kleidung zum trocknen aufgehaengt wurden.



Landwirtschaft ist von groesster Bedeutung hier.



Das ganze Leben spielt sich im Freien ab. Die Haeuser sind alle an der Strasse angeordnet und so kann man im vorbei fahren alles gut beobachten. Es gibt keine Firma die einem das Haus baut oder das Feld umgraebt, alles wird selber gemacht.
Einmal fuhr ein Motorrad vorbei mit einem Seitenanhaenger, darauf waren 3-4 Meter Reifen geladen und obenauf sass noch ein Mann! So etwas trifft man hier haeufig, meterhohe Ladung und dann noch Menschen darauf, einfach alles wird mit dem Motorrad transportiert. Auch kleine Schweinchen oder Hunde, manchmal ist ein ganzer Verkaufsstand gleich am Motorrad angebracht und man braucht nur parken und kann mit dem Verkaufen beginnen. Manche haben nicht einmal ein Motorrad, sondern nur ein einfaches Fahrrad mit welchem sie schwerste Ladungen transportieren.
Abends kamen wir in einen Touristenort und deshalb waren alle Unterkuenfte wieder extrem ueberteuert. Es gab ein deutsches Resort und das war genau was alle Philipiner von uns denken: reich und protzig, so teuer, dass auch wir uns das nicht leisten konnten. Wir schliefen in einem billigen Appartment mit jeder Menge Raeume und im DDR-Style gehalten.



Jesus ist ueberall, auch an diesem Strand.



Am 3. Tag beschlossen wir eine Strasse zu fahren die auf unserer Karte als “Secondary Road” eingezeichnet war. Viel konnte man dieser Beschreibung nicht entnehmen und wir gingen ein Risiko ein, waere die Strasse zu schlecht, muessten wir etliche Kilomter wieder zurueck fahren... Doch wir wollten nicht all die Strassen fahren die all die Touristen fahren, wir wollten Orte sehen wo kaum jemand hinkommt.



Es war mehr Jaak der diese Entscheidung getroffen hatte – und sie war richtig gewesen. Es war wunderschoen. Eine recht schmale, kurvenreiche Strasse die in die Berge fuhrte, man konnte ab und zu den Druck auf den Ohren spueren bei diesem Hoehenunterschied. Dann ging es wieder etliche Kilometer runter – und wieder hinauf. Die Strasse und die Haeuser wurden der Landschaft angepasst, nicht die Landschaft den von Menschen geschaffenen Dingen. Man nahm lieber einen laengeren Weg in Kauf.







Neben uns war ein tiefer Abgrund den man lieber nicht herunterfallen moechte. Ein unglaublich weiter Blick auf gruene Huegel und ab und zu kleine Ortschaften, ueber die ganzen Berge verstreut, wo eben gerade ein passender Platz zum bauen gewesen war. Riesige Reisfelder die auf mehreren “Terassen” angeordnet sind.
Auf der anderen Strassenseite die Felswand nach oben, an der immer wieder kleine Wasserfaelle herunter flossen. Dann standen immer wieder Schilder dort: ”Vorsicht, herabstuerzende Felsen!” Das ist alles, kein Schutz dafuer. Teilweise sind ganze Strassenteile einfach zugeschuettet mit Steinen, Schotter, Steinsbloecken die irgendwann einmal von der Felswand abgebrochen sind.
An den Fluessen und auf den Feldern Frauen die Dinge auf ihren Koepfen herum tragen, kleine Kinder in Tragetuechern. Angler deren Angelrute aus einem Bambusrohr besteht.







Und dann kamen wir zu dem fuer mich schoensten Ort den ich bisher gesehen hatte – eine alte, klapprige Holzhaengebruecke, durchloechert und oft 2 Schichten uebereinander gezimmert, weil die erste Schicht schon gebrochen war. Darunter ein grosser Fluss, weisser Schaum entsteht wo sich das Wasser an den Felsen bricht. Was fuer ein schoener und abenteuerlicher Ort, am anderen Ende ein Trampelpfad der am Wasserfall vorbei in die Berge fuehrt und vielleicht sogar in einer Ortsschaft endet!? Ich hatte zum ersten Mal ein paar Ruehrungstraenen in den Augen und war nun sicher, dass ich die Phillipinen mochte und das diese wahrhaftig nicht nur aus “Manila” bestehen.



Alles ist so wunderbar stabil und sicher in den Phillipinen




Jaak beschloss sich lieber ein Stueck von dieser Bruecke fern zu halten, er wusste noch nicht was ihn ein paar Tage spaeter erwarten wuerde...
Auf dem weiteren Weg kamen wir immer wieder an kleinen Ortschaften vorbei. Einmal fuhren wir an einer Gruppe Schulkindern vorbei und alle riefen uns ein lautes und freundliches “Hallo” zu. Hunde laufen umher, genauso wie Huehner mit ihren kleinen Kueken. Ziegen und Ziegenbabys sind an der Strassenseite angebunden und fressen Gras. Eine einsame Kuh, scheinbar im Nichts. Ein kleiner gruener Kaefer liess sich eine ganze Weile auf Jaak`s Bein einen Lift geben.



Bekanntschaft mit einem Pferd am Strassenrand



Je hoeher wir kamen umso kaelter wurde es auch, es wurde immer nebliger und schliesslich fing es an zu regnen. Man hatte uns schon gewarnt, in der jetzigen Regenzeit wuerde es jeden Nachmittag anfangen zu regnen. Die Strasse war nass und glatt, unser Motorrad war gut auf holprigen Strassen, aber nicht auf diesem glatten Teer. Und so kam es, dass wir in einer Kurve schliesslich zum ersten Mal stuerzten. Da wir langsam gefahren waren, kamen wir mit einem Schrecken davon, dass Motorrad landete auch nicht auf unseren Beinen. Nur ein paar Kratzer und Jaak`s Jeans war gerissen, meine duenne Leggings hatte witzigerweise dem Boden stand gehalten.



Wir fuhren nun noch viel vorsichtiger und stopten eine ganze Weile in einem kleinen Shop an der Strassenseite.



Ein typischer Shop an der Strassenseite



Dort assen wir jede Menge frische Bananen und Mangos, die viel besser schmeckten als aus unseren Supermaerkten. Wir unterhielten uns lange und intensiv mit der 46 jaehrigen Besitzerin die hier mit ihrer 2jaehrigen Tochter lebte, die anderen 7 Kinder waren in der Stadt und gehen dort zur Schule. Sie und auch ein paar wenig spaeter hereinkommende Maenner rieten uns, heute lieber nur einen Ort weiter zu fahren und dort zu uebernachten. Der Regen wuerde nicht aufhoeren.



Die Besitzerin des Shops, ihre kleine Tochter schlaeft in der Haengematte



So kamen wir nach “Cervantes”, assen zur Begruessung gekochte Bananen und bekamen super guenstig ein Zimmer, was komplett rosa eingerichtet war. Rosa Waende, rosa Vorhaenge, rosa Bett mit rosa Laken... In dem Moment wo wir in unser trockenes, warmes Zimmer kamen, startete ein unglaublich lautes Gewitter, dass auch fuer einen kleinen Stromausfall sorgte.










Am naechsten Tag erwartete uns schon am Morgen ein Abenteuer. Hatte Jaak beim letzten Mal beschlossen sich lieber nicht zu Fuss auf die Haengebruecke zu wagen, sollte er nun ueber genau solch eine schmale und wacklige Haengebruecke mit dem Motorrad fahren! Denn der Fluss war so hoch, dass wir die normale Strasse nicht passieren koennten und da alle Phillipiner mit ihren Motorraedern ueber diese Bruecke fuhren, koennten auch wir es schaffen. Und wir schafften es ohne ins Wasser zu stuerzen! Ich lief allerdings herueber und schoss die Bilder, man musste es ja nicht noch schwerer machen als es so oder so schon war... Jaak bekam jede Menge Anfeuerungsrufe von den Phillipinern und war wohl nie in seinem Leben so erleichtert gewesen, etwas geschafft zu haben.



Ab gehts- mit dem Motorrad ueber die Holzhaengebruecke



Der Blick hinab zur ueberquerten Bruecke



Dann bekamen wir endlich die Strasse, die fuer unser Motorrad geschaffen war. Aus einer Fahrbahn wurde keine Fahrbahn und wir fuhren den gesamten Tag auf dieser Schotter- und Matschpiste herum. Das machte die Sache interessant, es wurde aber auch schwerer sich fest zu halten und ich merkte welch ein Sport es nun war. Maximal Geschwindigkeit die wir fahren konnten war 25 kmh, wir fielen nicht.



Die Strasse verschwand bald ganz, ueber liegen Steine und Dreck auf der Fahrbahn



Einmal kamen wir mitten im Nichts an eine Kreuzung ohne Ausschilderung. Nach einer ganzen Weile Pause und ueberlegen, kam zum Glueck ein anderes Auto was wir fragen konnten, nicht allzu viele fuhren diesen Weg, vor allem nicht viele Touristen. Manche liefen diesen Weg auch mit ihrem ganzen Gepaeck auf den Schultern oder ritten auf einem Pferd.



Einmal tankten wir in den Bergen. Das Benzin kam aus Coca-Colaflaschen und die Fluessigkeit wurde einfach in den Tank geschuettet. Ich bin nicht sicher warum die Fluessigkeit lila war.
Unser Karte wurde hier nun immer ungenauer und es war nur noch durch fragen moeglich den richtigen Weg zu finden. Wir entschieden uns fuer einen noch steileren und holprigeren Weg wo wirklich kaum jemand hin kam, der oeffentliche Bus nahm einen anderen Weg. Die Menschen wurden immer interessierter und freundlicher,sie erlebten nicht allzu oft Backpacker.







Hier kamen wir auch an die 2. wunderschoene Stelle an der mir Ruehrungstraenen in die Augen stiegen. Man konnte am Strassenrand sitzen und weit ueber Huegel mit Reisfeldern schauen. Wie die Reisterassen angeordnet sind, sieht immer wieder schoen aus. Friedlich arbeiteten Menschen mit grossen Strohhueten darauf dem Feld und legten das abgesenste Gras in Buescheln zusammen. Man sah Wasser fliessen und ueberall Haeuser scheinbar an den Bergen kleben.



Auch christliche Kirchen sieht man ueberall. Vor Jahren hatten die Phillipiner eine eigene Naturreligion, jetzt sind fast alle katholisch oder evangelisch und in jedem Ort gibt es eine Kirche.



In diesem schoenen Ort lief ein froehlicher Mann mit seinem dicken Schwein an der Leine herum und weil das ein solch gutes Bild war, sprachen wir eine ganze Weile mit ihm und er zeigte uns sein Buisness – Schweine gross ziehen und verkaufen. Wenn ein Schwein irgendwo geschlachtet wurde, konnte man sein Quieken kilometerweit hoeren, ein normales Geraeusch fuer die Phillipiner.
Dieses Schwein fand sogar den Heimweg alleine, ging die Treppe hinab und machte ein gemuetiches Nickerchen in seinem Dreck.



das Schwein kennt schon den Weg nach Hause.
Wunderschoene Reisterassen









Auf dem weiteren Weg trafen wir auf 2 phillipinische Frauen die ihre Reiskoerner wie so viele Andere mitten auf der Strasse trockneten und als wir ins Gespraech kamen, waren wir sofort unglaublich beeindruckt von ihrer Freude und Zufriedenheit die sie in sich trugen. Wir sassen gemeinsam mit ihnen auf der Strasse und sprachen ueber unsere komplett unterschiedlichen Leben. Nach jedem Satz den sie sagten, lachten sie. Es war beeindruckend, kein Geld, harte Arbeit, aber so verdammt gluecklich.



Reiskoerner die auf der Strasse getrocknet werden.



Dann kamen wir endlich in den Ort, in den wir die ganze Zeit gewollt hatten: “Sagaada”. Er war ausgeschrieben fuer wunderschoene landschaftliche Plaetze, Reisfelder und Hoehlen. Als wir da waren, wollten wir eigentlich bald schon wieder weg. Dieser Ort war ok, doch da wir einen anderen Weg als all die Touristen gefahren waren, hatten wir schon viel schoenere Orte gesehen, in die man mit einem Bus nicht hinkommt. Ausserdem merkten wir wie unterschiedlich die Phillipiner hier waren. Alles wurde nicht mehr aus Freundlichkeit gemacht, es ging nur noch ums Geld einnehmen. Der Tourismus hatte die Seele dieses Ortes zerstoert.



Doch wir fanden eine niedliche kleine Bar mit Bob Marley an der Wand und Sitzplaetzen auf dem Boden, und als wir dort unser Abendbrot einnahmen, trafen wir zum ersten Mal auf phillipinische Reisende, 2 jungen Maenner.



Auch Phillipiner sieht man also manchmal reisen.






Kurz spaeter stiessen 2 australische Maedels hinzu, ein Englaender und ein verrueckter aelterer Iraner, der nicht wirklich weiss wo er eigentlich herkommt. Gerade hatte er eine Koreanerin geheiratet, doch um sein Visum zu bekommen musste er erst aus Korea heraus. Also hatte er sein ganzes Leben in 27 kg zusammen gepackt und davon die Haelfte nicht einmal gebraucht wie er uns lachend mitteilte.
Mit einigen dieser Menschen buchten wir einige Tage spaeter einen Tourfuehrer um in die beruehmten Hoehlen Sagadaas zu gelangen.



Beliebter Wasserspass



Vorher bekam ich aber Bauchschmerzen und Durchfall, mein Koerper war all diese Bakterien hier nicht gewoehnt. Als Jaak dagegen Tabletten besorgen wollte, versuchte ihm ein Phillipiner in einem Nahrungsmittelshop eine schon geoeffnete Packung Tabletten zu verkaufen, die wuerden sicherlich helfen... Schliesslich bekam er welche vom Krankenhaus, dieser Sache konnte man mehr vertrauen. Ganz weg gingen die Bauchschmerzen aber nie, erst in Australien konnte ich meinen Koerper dank etwas Hygiene besser erholen.



An unserem letzten Tag hier, erkletterten wir die Hoehlen. Man kann von einer Hoehle in eine Andere laufen, was ca. 3 Stunden dauert. Und das hatten wir vor.
Die erste Attraktion war schon am Eingang, denn dort haengen Saerge an der Hoehlenwand. Heidnische Religionen glauben was von der Erde genommen wurde, soll auch zur Erde zurueck kehren. Heute kostet es 20 Schweine und noch viel mehr Huehner, wenn man an dieser Wand beerdigt werden moechte. In einen der Saerge konnte man hinein schauen und alte Menschenknochen ekennen.



Die haengenden Saerge am Eingang der Hoehle.



Ueberall Saerge, in einen konnte man hinein schauen



Dann ging unsere Kletterung los, unser Tourleiter war bewaffnet mit einer grossen und schweren Oellampe, denn es wuerde stockdunkel sein. Es hatten sich schon Menschen Knochen gebrochen hier, weil sie ohne Tourleiter versucht hatten hier herum zu klettern.



Auf gehts in die dunklen Hoehlen



Der Weg war Wahnsinn. Es war eigentlich kein wirklicher Weg...Wir liefen durch kniehohes Wasser, schlitterten ueber klitschnasse Steine und rutschten herunter, liessen uns an Seile von Felswaenden hinab, ueberstiegen riesige Steinberge, kletterteten hoch und runter. Das erste Mal abseilen war in dieser Enge ein klein wenig beaengstigend. Ich schaute hinunter – ein paar Meter nichts, zu dunkel um irgendetwas zu erkennen. Nur ein Seil und ich sah keinen einzigen Trittpunkt fuer meine Fuesse. Aber unser Tourleiter kletterte hier seitdem er ein kleiner Junge war, konnte all die Dinge nur mit einer Hand machen und hielt die schwere Lampe dabei auf seinem Kopf. Beeindruckend. Er sagte uns genau wo wir unsere Haende und Fuesse setzen sollten und da konnte nichts mehr schief gehen. Manchmal sollten wir barfuss laufen, weil wir mit Schuhen zu einfach abrutschen konnten. Ueberall konnte man sich den Kopf anstossen weil es so eng und kantig war.







Hier gibts jede Menge Wasser



 Einmal fragte er uns welchen Weg wir jetzt gehen wuerden, wir sollten raten. Aus einer Richtung waren wir gekommen, Einer sagte rechts, Einer sagte links... Da drehte er sich um, zeigte auf ein kleines Loch im Gestein und sagte: “Hier gehts lang!” Abseilen war angesagt. In den Hoehlen flogen ziemlich viele Fledermaeuse herum, ausserdem hatten wir zweimal die Moeglichkeit zu schwimmen. Mir war es aber auch so schon kalt genug und ich spielte lieber Querfloete hier unter der Erde.



Floetensong unter der Erde



Es war aufregend und anstrengend, am Ende waren wir nass biss auf die Unterwaesche und dreckig, aber wir hatten wirklich sehr viel Spass.



Der verrueckte Iraner fand einen Regenschirm unter den wir alle passten






Dann ging es zureueck von “Sagaada” nach “Angeles”, diesmal den einfachen Weg den auch der oeffentliche Verkehr faehrt. Vorbei ging es an der Stadt “Banaue”, deren Reisterassen wurden als “8. Weltwunder” ausgeschrieben waren. Wir hatten aber Beide unsere Lieblingsplaetze schon auf dem Hinweg gefunden.
Auf diesem Weg fielen wir ein weiteres Mal mit dem Motorrad. Es war zu matschig. Aber wieder passierte nichts und wir kamen mit einem Schrecken davon.
Wir trafen auf einen Phillipiner dessen Omi 108 Jahre alt war und der etliche Personen ueber 100 kannte. Die Luft hier war so viel besser als in der Stadt, es gab nur gesundes Essen, viel Bewegung durch die ganze Arbeit... Das haelt fit.
Dann holte uns die schwarze Luft wieder ein, wir fuehlten es nach diesem schoenen Bergausflug umso mehr und es fing an uns wirklich zu stoeren. Der Trubel kam zurueck, der Hintern tat weh und wir waren etwas genervt. Ein riesiger Laster uebersah uns einfach und waeren wir nicht auf dem Standstreifen ausgewichen, haette so einiges passieren koenne...
Nachts schliefen wir in einer von aussen sehr nobel aussehenden Unterkunft und ich war ueberrascht wie guenstig es ist. Doch von innen wurde es dann klar: Ein winziger Raum ohne Fenster und mit einem schmalen Bett, der Wasserhahn funktionierte nicht, ebenso die Dusche und die Toilettenspuelung. Die Badtuer war nicht zu zu machen und als wir nach einem Schluessel fragten, war dieser scheinbar verloren gegangen.



Nette, kleine, laendliche Huette in der leider keiner mehr wohnt



3 Phillipiner lernten wir noch auf dem Heimweg kennen



Wir waren froh und gluecklich als wir am naechsten Tag zurueck in unsere Unterkunft nach Angeles kamen, es war ein wahnsinnig schoener Trip gewesen, aber auch ziemlich anstrengend. Wir hatten so einiges vom phillipinischen Leben mitbekommen.



Vollkommen erschoepft, aber gluecklich. Unsere Hosen und Taschen hatten ihren Dienst soweit getan und wurden nun vollkommen zerstoert weggeworfen.
Zurueck in der alten Unterkunft, gingen hier nun immer mehr Personen ein und aus die hier vorher noch nicht gewesen waren. Die Medels arbeiteten alle nachts in einer Bar und schliefen den ganzen Tag auf dem Boden vorm Fernseher. Das kleine 2jaehrige Maedchen empfing uns freudig und hatte uns noch nicht vergessen. Wieder erzaehlte sie etliche Dinge die ich nicht verstand und brachte uns sogar zur Tuer wenn wir gingen. Leider sass sie wie alle Anderen die meiste Zeit vor dem Fernseher und sah sich Schiessfilme an.



Als wir unsere zurueckgelassenen Taschen aus dem Schrank nahmen fiel auf, dass der Laptop nicht mehr da war. Genauso war das Stromkabel verschwunden und das war in einer ganz anderen Tasche gewesen. Wir ueberlegten ewig ob wir es vielleicht woanders gelassen hatten, aber wir hatten es hier gehabt. Schliesslich fragte ich den jungen Vater danach und er war ziemlich verstaendnissvoll und sagte er wuerde es finden. Wir gingen aus und als wir ein paar Stunden spaeter wieder kamen, war der Laptop mit Kabel tatsaechlich wieder da. Ich fragte nicht danach was passiert war oder wer ihn genommen hatte, doch als wir ihn anmachten, fanden wir sofort den Namen und das Foto des 10jaehrigen Junges als Benutzer. Schlimmer noch, er hatte alle Dateien, jegliche Fotos, Dokumente und Musik von Jaak geloescht, alles neu angeordnet und bereits eigene Bilder von sich herauf gespielt. Das war eindeutig. Wir waren Beide ziemlich sauer, doch als Jaak ein klaerendes Gespraech mit dem Jungen fuehrte, ging es allen besser. Vielleicht hatte er ja was gelernt... Die geloeschten Dateien waren nicht zu retten, aber von den wichtigsten hatte er Sicherheitskopien gemacht.



Diese Erfahrung, all dieser Dreck und die Krankheiten, der Laerm und die verpestete Luft, erweckten in uns den Wunsch nach Australien zurueck zu fliegen.









Jaak hatte sein Touristenvisa bekommen und wir buchten noch am selben Tag ein Ticket. Fuer den Heimflug mussten wir erst zurueck nach Manila und dort noch weitere 3 Tage ausharren. In diesen Tagen wurde dann Jaak krank, Bauchschmerzen, Durchfall, hohes Fieber. Weil es nicht besser wurde und die Tabletten aus der Apotheke nicht halfen, gingen wir mal wieder ins Krankhenhaus. Auch hier gibt es kein Toilettenpapier und keine Seife zum Haende waschen. Am Eingang begegnet man als erstes einem grossen Suessigkeitenstand.
Doch der Doktor fand heraus was er hatte, er hatte es sich von all dem Dreck oder nicht gut genug gewaschenem Essen eingefangen. Es gab Tabletten und in den naechsten Tagen wurde es zum Glueck besser.



Alles wird aufgeladen



Dann ging es endlich zurueck nach Australien, hoffentlich wuerden sie Jaak herein lassen. Er hatte zwar ein Visa, aber oft stellten sie Fragen am Flughafen, warum man zurueck kommen wollte wenn man schon 2 Jahre hier verbracht hatte!? Jaaks Freund hatten sie sein Visa von 3 Monaten auf 1 oder 2 verkuerzt, weil er nicht genug Geld vorweisen konnte.
Es war also ein spannender Moment, als wir schliesslich unseren Einreisestempel bekommen sollten. Ich bekam meinen sofort, zu Jaak sagten sie er solle warten, das Einreisamt wollte mit ihm sprechen. Wenig spaeter kamen sie und nahmen ihn beiseite. Warum er denn wieder kommen wuerde? Doch als er seine Freundin als Grund angab, war alles in Ordnung. Da ich noch immer auf dem “Working Holiday Visum” war, konnte ich ja im Notfall auch Geld fuer uns Beide verdienen, er durfte mit dem Touristenvisum nicht mehr arbeiten.
So kamen wir zurueck in unsere letzte “Heimat”, nach Darwin, ins Haus von Lori und Ulu. Wie sehr genossen wir es, diese Luft zu atmen, dieses gewaschene Essen zu essen, nicht all die Tische anzufassen und die klebrigen Bakterien spueren zu koennen. Wir waren uns einig nicht in einer der Staedte der Phillipinen zurueck zu wollen, doch in den Bergen war es wirklich unglaublich schoen und entspannend gewesen.
Wir hatten schon wieder neue Plaene im Kopf, wie es jetzt weiter gehen wuerde.

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